Mit einer Gesetzesreform will der Gesetzgeber der großen wirtschaftlichen Bedeutung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) Rechnung tragen. Ab 2015 sollen die neuen Regeln gelten.
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (GesbR) ist eine sehr flexible Gesellschaftsform. Es handelt sich um den Zusammenschluss von Personen oder Gesellschaften, die ihre Arbeitskraft oder Vermögensgegenstände zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles vereinigen (z.B. Bau-ARGE). Eine solche Gesellschaft hat keine Rechtspersönlichkeit, kann also nicht klagen, oder geklagt werden, kann keinen Namen führen und nicht ins Firmenbuch oder Grundbuch eingetragen werden. Die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung erhält die GesbR ausschließlich von der Potenz der sie tragenden Personen. Diese handeln gemeinsam und tragen die volle Verantwortung.
Wer ein Unternehmen betreibt, dessen Jahresumsatz nachhaltig einen bestimmten Stellenwert (gilt nicht für Freiberufler) überschreitet, muss in eine offene Gesellschaft oder Kommanditgesellschaft umwandeln und diese im Firmenbuch eintragen. Die GesbR erfüllt somit eine Auffangfunktion für Zusammenschlüsse, die diese Kriterien noch nicht erreicht haben, wie z.B. Gelegenheitsgesellschaften in der Bauwirtschaft (ARGE), Partnerschaften unter Freiberuflern, Kleingewerbe, usw.
Autonomie hat Vorrang
Um der GesbR künftig größte Flexibilität zu ermöglichen, wird festgelegt, dass die gesetzlichen Regeln nachrangig gelten. In erster Linie sind also die Vereinbarungen zwischen den Beteiligten maßgebend. Die Zusammenarbeit kann weitgehend frei durch Abschluss eines Gesellschaftsvertrages geregelt werden. Während die geplante Novelle in Bezug auf die Rechtsnatur der Gesellschaft keine Änderungen vornimmt, befasst sie sich eingehend mit grundsätzlichen Verpflichtungen und Rechten der Gesellschafter:
Jeder einzelne Gesellschafters kann etwa eine Forderung der Gesellschaft geltend machen. Wie die so eingetriebene Forderung zwischen den Gesellschaftern verteilt wird, regeln interne Abmachungen.
Außerdem präzisiert der Gesetzgeber die Pflicht zur Interessenwahrung und Gleichbehandlung. Aber auch in dieser Hinsicht hat eine vertragliche Vereinbarung Vorrang, wenn z.B. der Umfang des Materialeinsatzes oder des persönlichen Einsatzes differenziert geregelt wird.
Verschiedene Kategorien
Da die GesbR für sehr unterschiedliche Zwecke, wie etwa die bloße Vermögensverwaltung, Klein- oder Mittelbetriebe, Arbeitsgemeinschaften, Konsortien, etc. herangezogen wird, sieht die Novelle vor, dass zwischen unternehmenstragenden und sonstigen Gesellschaften unterschieden wird. Ob eine Gesellschaft ein Unternehmen betreibt, spielt etwa eine Rolle, wenn es um die Vertretungstätigkeit nach außen, die Haftung gegenüber Dritten oder ein allfälliges Konkurrenzverbot geht. Es ist also im Gesellschaftsvertrag klarzustellen, welche Art von GesbR die Beteiligten betreiben.
Kein Firmeneigentum
In der GesbR gibt es kein sogenanntes Gesamteigentum an Gegenständen, die der Gesellschaft dienen. Maschinen, Fahrzeuge etc. gehören entweder einem der Gesellschafter, der sie - eventuell auch gegen Entgelt - zur Verfügung stellt, oder alle Gesellschafter sind anteilsmäßig Eigentümer. Die Aufteilung von Gewinn und Verlust kann im Vertrag frei geregelt werden. Das Gesetz sieht aber prinzipiell eine Verteilung im Verhältnis der von den Gesellschaftern geleisteten Einlagen vor.
Geschäftsführung
Nach der geplanten Reform soll im Hinblick auf die Geschäftsführung das Gleiche gelten wie bei der offenen Gesellschaft. Für gewöhnliche Geschäfte ist also jeder einzelne Gesellschafter vertretungsbefugt. Für außergewöhnliche hingegen wird das Einstimmigkeitsprinzip festgelegt. Willkürliche Blockaden können durch Klagen beseitigt werden.
Bei einer GesbR, die am Wirtschaftsleben teilnimmt, haften die Gesellschafter grundsätzlich solidarisch - also nicht anteilsmäßig, sondern jeder für alle Verbindlichkeiten. Die Gesellschaft selbst kann auch nicht Träger einer Gewerbeberechtigung sein. Stattdessen muss jeder einzelne Gesellschafter die Gewerbeberechtigung vorweisen. Ebenso ist die GesbR (mit Ausnahme der Umsatzsteuer) auch nicht selbst Steuersubjekt. Steuersubjekt für die Ermittlung der Einkommenssteuer (Körperschaftssteuer) bleibt der einzelne Gesellschafter.
Nachfolge / Liquidation
Im Falle der Übertragung von Anteilen geht die Rechtsposition automatisch auf den Erwerber über. Das Gleiche gilt für bewegliche Sachen, die der Gesellschaft dienen. Wird eine GesbR in eine offene Gesellschaft oder Kommanditgesellschaft umgewandelt, so gilt die Gesamtrechtsnachfolge. Bei der Auflösung oder Liquidation einer GesbR werden in Zukunft dieselben Regeln wie bei einer Offenen Gesellschaft angewendet.
Dr. Stefan Müller