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Scheidung

Die Möglichkeit einer gesetzlichen Scheidung wurde im österreichischen Recht erst durch das Ehegesetz 1938 geregelt. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in Österreich keine Scheidung im heutigen Sinne, sondern nur die Möglichkeit der sogenannten Ehetrennung als Scheidung von Tisch und Bett, die aber das Eheband unangetastet lies. Bis 1938 war das Eherecht in Österreich an die Konfession gebunden. Dies hatte für die österreichische katholische Bevölkerung die Konsequenz, daß eine Ehescheidung nicht möglich war. Ein allgemeines konfessionell unabhängiges Scheidungsrecht wurde erst durch das Ehegesetz 1938 eingeführt. 1978 wurde die sogenannte einvernehmliche Scheidung gesetzlich verankert. Die nunmehrigen Bestrebungen, welche vom Justizminister Nikolaus Michalek zur Diskussion gestellt wurden, zielen auf eine grundlegende Änderung des Scheidungsrechtes ab. Dazu weiter unten.

Scheidungsgründe

  • Scheidung wegen Verschulden,
  • Scheidung aus anderen Gründen,
  • Scheidung wegen Auflösung der ehelichen Gemeinschaft und Scheidung aus beiderseitigem Einvernehmen

Die Gründe einer Verschuldensscheidung sind Ehebruch, Verweigerung der Fortpflanzung und andere Verfehlungen. Der Ehebruch stellt den absoluten Scheidungsgrund dar. Unter Ehebruch versteht man den Beischlaf (Geschlechtsverkehr) einer verheirateten Person mit einer Person anderen Geschlechts, die nicht der Ehegatte ist. Verweigerung der Fortpflanzung wird dann als Scheidungsgrund anerkannt, wenn beide Ehegatten fortpflanzungsfähig sind und aus der Ehe noch kein gesundes Kind hervorgegangen ist. Weiters muß sich ein Ehepartner ohne triftigen Grund beharrlich weigern, Nachkommenschaft zu zeugen oder zu empfangen. Unter "anderen Eheverfehlungen" versteht man sonstige schwere Eheverfehlungen, wodurch die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet wird, daß eine Wiederherstellung nicht mehr erwartet werden kann. Folgende Verhaltensweisen können solche Eheverfehlungen darstellen:

  • Mißhandlung und Androhung von Mißhandlung
  • Beschimpfung in der Öffentlichkeit
  • unsittliches Verhalten, was zwar die Ehepflicht nicht verletzt, aber die Grundlagen der Ehe untergräbt (Trunksucht, Drogenkonsum, Homosexualität, grundlose Eifersucht und Nachspionieren, Spielwut)
  • häufiges Alleinlassen des anderen Ehegatten
  • nicht einverständliche Abtreibung
  • Verlangen von Perversionen
  • sexuelle Vernachlässigung
  • Besuch bei Prostituierten
  • grundlose, freundschaftliche Beziehung zum anderen Geschlecht, auch wenn sie nicht ehebrecherisch oder erotischer Art sind
  • hemmungsloses Eingehen von Schulden
  • lang andauernde, grobe Vernachlässigung des Haushaltes
  • Verletzung der Pflichten zur gemeinsamen Haushaltsführung
  • Vernachlässigung der Kinderpflege und Erziehung
  • Unterhaltsverletzung gegenüber Gatten und Kinder
  • unbegründete Ausweisung des Ehegatten aus der Ehewohnung
  • boshaftes Verlassen
  • unbegründetes Aussperren des Ehegatten aus dem Schlafzimmer oder unbegründeter Auszug aus diesem
  • Verweigerung des Zutritts zur Ehewohnung usw.

Oben angeführte Eheverfehlungen müssen jedoch schuldhaft begannen werden, damit sie einen Scheidungsgrund darstellen. Ein Verschulden wird zum Beispiel dann nicht angenommen, wenn die Eheverfehlung im Zustand der Schuldunfähigkeit (zB Schock, geistige Verstörung etc.) begannen wurde. Zudem muß durch die Eheverfehlung die Ehe zerrüttet sein. Wenn sich aus dem Verhalten des verletzten Ehegatten ergibt, daß die Verfehlung des anderen verziehen ist, oder sie nicht als Ehestörung empfunden worden ist, besteht natürlich kein Recht mehr auf Ehescheidung. Das Recht auf Scheidung wegen Verschulden (bei Ehebruch, Verweigerung der Fortpflanzung und andere Eheverfehlungen) geht verloren, wenn der Ehegatte nicht binnen sechs Monaten nach Kenntnis vom Scheidungsgrund die Klage einbringt. Die Frist läuft solange nicht, als die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist.

Scheidung aus anderen Gründen

Die Scheidung kann auch begehrt werden, wenn eine der Ehe entsprechende Lebensgemeinschaft auf Grund von Geisteskrankheit oder sonstiger anderer ansteckender oder ekelerregender Krankheiten nicht mehr erwartet werden kann.

Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft

Leben die Ehegatten seit 3 Jahren in keiner häuslichen Gemeinschaft mehr, so kann jeder der beiden wegen tiefgreifender unheilbarer Zerrüttung der Ehe die Scheidung begehren (unter häuslicher Gemeinschaft ist die Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft zu verstehen). In zwei Fällen ist Scheidungsbegehren auch nach einer dreijährigen Trennung nicht stattzugeben: Erstens, wenn die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft zu erwarten ist oder zweitens, wenn der an der Zerrüttung nicht schuldige Ehegatte sich nicht scheiden lassen will, weil ihn die Scheidung besonders hart treffen würde.

Ist die häusliche Gemeinschaft sechs Jahre aufgehoben, so ist die Scheidung auf jeden Fall auszusprechen.

Einvernehmliche Scheidung

Die einvernehmliche Scheidung wird vom Gericht auf gemeinsamen Antrag beider Ehegatten dann genehmigt, wenn die unheilbare Zerrüttung durch beide Ehegatten zugegeben wird, Einvernehmen über die Scheidungsfolge herrscht (hinsichtlich der Kindererziehung, Unterhaltsverpflichtungen und Vermögensaufteilung) und wenn die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr besteht.

Unterhalt nach der Ehescheidung

Der Unterhaltsanspruch der Ehegatten nach Scheidung hängt weitgehend vom
Verschulden ab. Hierzu im Detail siehe im Beitrag meines Kollegen, Mag. Patrick Piccolruaz.

Namensrecht

Grundsätzlich behält der geschiedene Ehegatte weiter den Familiennamen,
den er in der Ehe geführt hat. Durch Erklärung vor dem Standesbeamten
kann aber der geschiedene Gatte wieder seinen früheren Familiennamen annehmen. Wird die Ehe aus dem alleinigen oder überwiegenden Verschulden eines Ehegatten geschieden, so kann der schuldlose Teil durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten die Weiterführung seines Namens dem anderen Ehegatten untersagen. Die Kinder müssen jedoch ihren Namen behalten, dh sie können diesen nach der Scheidung nicht wechseln.

Die Vermögensaufteilung

nach Ehescheidung ist grundsätzlich unabhängig von jeder Verschuldenszuordnung bei der Scheidung. Wichtig ist, daß der Aufteilungsanspruch binnen einer Frist von einem Jahr ab Rechtskraft des Scheidungsurteiles bei Gericht geltend gemacht werden muß. Wird diese Frist versäumt, so verliert man diesen Aufteilungsanspruch. Aufgeteilt werden das sogenannte eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse.

Eheliches Gebrauchsvermögen

Das sind jene beweglichen und unbeweglichen Sachen, die während der aufrechten Ehe dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben. Hinzu gehören vor allem das eheliche Einfamilienhaus, Auto, usw. Es ist daher für die Aufteilung nicht wesentlich, wer im Grundbuch als bücherlicher Eigentümer des Einfamilienhauses aufscheint. Das Haus, das den Ehegatten gedient hat, als gemeinsame Ehewohnung, unterliegt jedenfalls der Aufteilung.

Eheliche Ersparnisse

Dies sind Wertanlagen aller Art, die die Ehegatten während der aufrechten Ehe angesammelt haben (zB Wertpapiere, Bausparverträge, Sparguthaben, Kunstgegenstände). Nicht aufgeteilt werden müssen folgende Sachen: Sachen, die die Ehegatten in die Ehe eingebracht haben, geerbt haben oder ihnen von Dritten geschenkt wurden, Sachen, die dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten alleine dienen oder der Ausübung des Berufes (Kleidung, Wäsche, Schmuck, der getragen wird, usw.), Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, Anteile am Unternehmen (außer, es handelt sich um Wertanlagen wie Aktien usw.).

Ehewohnung und Hausrat

Die Ehewohnung sowie der Hausrat, auf deren Weiterbenützung die Ehegatten unbedingt angewiesen sind, sind in die Aufteilung auch dann einzubeziehen, wenn sie auch nur von einem der Ehegatten eingebracht wurden oder einer der Ehegatten die Wohnung geerbt oder geschenkt bekommen hat.

Aufteilungsgrundsätze

Maßgebend für die Aufteilung ist nicht wie bereits ausgeführt, die Tatsache, ob schuldig oder nicht schuldig geschieden wurde, sondern Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des Vermögens, sowie das Wohl der Kinder. Die Vermögensaufteilung ist daher nicht streng rechnerisch im Verhältnis von 50:50, sondern nach Billigkeit vorzunehmen, wobei jedoch häufig eine Aufteilung von 50:50 als gerechtfertigt angesehen wird. Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshof spricht sogar explizit davon, eine Aufteilung im Verhältnis 50:50 vorzunehmen, wenn nicht gewichtige Umstände dagegen sprechen. Kann eine angemessen Aufteilung in Natura nicht erreicht werden, wird das Gericht einem der geschiedenen Gatten eine Ausgleichszahlung auferlegen. Für die Ehewohnung kann das Gericht auch die Übertragung des Eigentums an den einen oder anderen Ehegatten anordnen. Schulden, die mit dem Gebrauchsvermögen oder Ersparnissen im Zusammenhang stehen, sind ebenfalls bei der Aufteilung in Anschlag zu bringen. Bei der Aufteilung sind auch jene Schulden zu berücksichtigen, die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen. Schulden, die jedoch für Sachen eingegangen wurden, die nicht der Aufteilung unterliegen, sind nur demjenigen Ehegatten zuzurechnen, dem auch die Sache zuzurechnen ist (zB Schulden für Unternehmensbeteiligung). Das Gericht kann anordnen, daß für gemeinsam eingegangene Schulden der eine Ehegatte Hauptschuldner, der andere Ausfallbürge wird. Der Ausfallbürge kann vom Gläubiger erst nach vorherigen Exekution gegen einen Hauptschuldner in Anspruch genommen werden. Viele lang andauernden Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Scheidung beziehen sich häufig auf die Aufteilung des Vermögens. Wie bereits dargestellt, ist die Frage, ob eine Ehe durch Verschulden des einen oder anderen geschieden wird, für die Aufteilung des Vermögens im Wesentlichen nicht relevant, weshalb es im Scheidungsfall oft günstiger kommt, eine rasche Scheidung durchzuführen und dann zu versuchen emotionslos die Vermögensverhältnisse in den Griff zu bekommen. In diesem Zusammenhang ist auf jeden Fall auch der Versuch zu starten mittels Mediation, kostengünstig und Nerven sparend für beide Ehegatten eine akzeptable Lösung zu erarbeiten (Vergleich hiezu den Beitrag meines Partners Dr. Roland Piccolruaz). Dies auch unter Berücksichtigung, daß der Oberste Gerichtshof grundsätzlich davon ausgeht, daß das Vermögen 50:50 aufzuteilen ist, wenn nicht gewichtige Umstände dagegen sprechen.

Geplante Änderung im Eherecht

Der vom Justizminister Dr. Nikolaus Michalek im Frühjahr dieses Jahres vorgelegte Entwurf einer Änderung des Ehe- und Scheidungsrechtes hat in der Öffentlichkeit eine breite Diskussion verursacht. Der Justizminister wollte vor allem zwei wesentliche Punkte des bisherigen Scheidungsrechtes ändern, einerseits den Ehebruch als absoluten Scheidungsgrund abschaffen und andererseits den Unterhalt vom Verschuldensprinzip entkoppeln.

Ehebruch kein absoluter Scheidungsgrund

Laut Michalek soll der Ehebruch nicht mehr ein alleiniger Scheidungsgrund darstellen, sondern nur dann, wenn der Ehebruch zu einer Zerrüttung der Ehe führte. Eine „einmalige Entgleisung“ würde daher nicht mehr automatisch einen Scheidungsgrund auslösen. Ist die Ehe bereits durch den einen Ehepartner auf Grund sonstiger Eheverfehlungen zerrüttet, so würde der Ehebruch nun im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage - keinen eigenen Scheidungsgrund mehr darstellen. Hat also der Ehemann zB seine Familie mutwillig seit Jahren verlassen und begeht dann die Ehegattin einen Ehebruch, so hegt das Verschulden an der Zerrüttung nach wie vor beim Ehemann.

Unterhalt ohne Verschulden

Darüber hinaus sieht der Entwurf des Justizministers vor, daß in Zukunft auch derjenige Ehegatte Unterhalt erhält, welcher die Ehescheidung verschuldet hat, soweit dieser Ehegatte auf Grund der Umstände eines Unterhaltes bedarf. Insbesondere wenn im Hinblick auf die Gestaltung der früheren ehelichen Lebensgemeinschaft oder Erziehung der Kinder diesem Ehegatten nicht zugemutet werden kann, sich selbst zu erhalten. Eine Mißbrauchsklausel ist vorgesehen. Diese Änderungen werden sowohl in der Öffentlichkeit als auch von etlichen Fachleuten teilweise sehr heftig kritisiert. Insbesondere der Vorschlag, daß auch derjenige Unterhalt erhält, welcher die Scheidung verschuldet hat. Derzeit ist es ja im Eherecht klar geregelt: geht eine Ehe in die Brüche und ein Partner ist alleine auf Grund schwerer Eheverfehlungen schuldig, dann muß der schuldlos geschiedene Partner keinen Unterhalt bezahlen. Dieses Prinzip ist fundamental. Eine Abkehr von diesem Prinzip würde den nicht verdienenden Ehegatten geradezu einen Freibrief ausstellen. Universitätsprofessor Kerschner von der Universität Linz hält diesen Vorschlag des Justizministers für indiskutabel und führt hiezu aus: "Da geht es an die Fundamente unseres Rechtes. Grundprinzip ist, daß jemand, der ein Recht bricht, sich nicht an einen Vertrag (Ehevertrag) hält, bestraft und nicht belohnt wird!" Die geplante Änderung, daß der Ehebruch alleine nicht mehr als absoluter Scheidungsgrund gesehen wird, wird von den Experten eher positiv aufgenommen, da hiedurch gewisse Härtefälle vermieden werden können. Darüber hinaus war es in der Praxis oft äußerst schwierig, den tatsächlichen Ehebruch nachzuweisen, die Zerrüttung der Ehe hingegen ist wesentlich einfacher nachzuweisen.

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