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Gewerberecht

Mehr als Formalien
Nicht selten wird das Thema „Gewerberecht“ bei einer Betriebsübergabe übersehen. Zu vielfältig sind die übrigen, meist schwerwiegenderen Aspekte. Dennoch muss auch auf dieses Thema eingegangen werden.

Allgemeines

Jeder Übernehmer braucht für die selbstständige Tätigkeit einen Gewerbeschein, sofern seine Tätigkeit nicht von der Gewerbeordnung ausgenommen ist. Diesen „Unternehmer-Führerschein“ muss natürlich auch jeder Betriebsübernehmer entweder selbst besitzen, oder einen gewerberechtlichen Geschäftsführer oder einen Arbeitnehmer in seinem Unternehmen beschäftigt haben, der diesen (die Konzession) besitzt.

In der Regel benötigt der Betriebsübernehmer den gleichen Gewerbeschein wie sein Vorgänger. Um die Gewerbeberechtigung zu erhalten, verlangt die Gewerbeordnung verschiedene persönliche und sachliche Voraussetzungen. Zu den persönlichen Voraussetzungen zählt die Volljährigkeit, die österreichische bzw. EWR-Staatsbürgerschaft, dass keine Ausschlussgründe vorliegen (zB gerichtliche Vorstrafen oder Konkurs), eine gewisse Zuverlässigkeit (bei bewilligungspflichtigen verbundenen Gewerbe) und der Befähigungsnachweis (meist durch die Befähigungsprüfung). Damit die sachlichen Voraussetzungen gegeben sind, muss eine Betriebsanlagengenehmigung vorliegen und in bestimmten Ausnahmefällen muss eine Bedarfsprüfung durchgeführt worden sein.

Betriebsübernahme ohne Konzession?

Besitzt der Betriebsübernehmer nicht sämtliche gewerberechtlichen Voraussetzungen (insbesondere nicht die Konzession), so hat er mehrere Möglichkeiten, trotzdem den Betrieb zu übernehmen und als Unternehmer tätig zu sein:

Er kann einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellen, der entweder bei ihm als Arbeitnehmer mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigt ist oder der Mitglied des Vertretungsorganes (Geschäftsführung oder Vorstand) ist. Dieser gewerberechlicher Geschäftsführer muss sämtliche persönlichen Voraussetzungen – insbesondere die Konzession – erfüllen.

Fortbetriebsrecht

In bestimmten Fällen ist vom Gesetzgeber vorgesehen, dass ein Gewerbe – unter Umständen auch bei Betriebsübernahme – ohne Konzession ausgeübt wird. Dies ist jedoch nicht unbefristet möglich.

Das Recht, einen Gewerbebetrieb auf Grund der Gewerbeberechtigung eines anderen fortzuführen, heißt „Fortbetriebsrecht“. Dieses Fortbetriebsrecht ist insbesondere in einer Reihe von Fällen zulässig und steht unter anderem in folgenden Fällen zu:

Nach Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung steht das Fortbetriebsrecht dem überlebenden Ehegatten und den Kindern zu, wenn der Gewerbebetrieb auf Grund einer Rechtsnachfolge wegen Todes oder einer Schenkung auf den Todesfall ganz oder teilweise übergeht (auch dem Masseverwalter steht dieses Fortbetriebsrecht nach Eröffnung des Konkurses zu, ebenso dem Zwangsverwalter). Auch in einigen anderen Ausnahmefällen kann die Behörde befristet die Fortführung eines Betriebes ohne Gewerbeberechtigung erwerben.

Nachsicht

Sofern es sich nicht um ein freies Gewerbe handelt, ist in der Gewerbeordnung immer noch vorgesehen, dass der Unternehmer vor seiner Selbstständigkeit eine Befähigungsprüfung (Konzessionsprüfung), die von Berufskollegen (der Konkurrenz) abgenommen wird, abzulegen hat. Diese Konzessionsprüfung ist in den meisten Gewerben sehr streng, die Durchfallsquoten daher hoch. Außerdem ist die Vorbereitung auf eine solche Prüfung zeit- und kostenintensiv.

Für einen Betriebsübernehmer, der bereits seit Jahren in leitender Stellung in seinem Gewerbe tätig war, bedeutet eine solche Prüfung meist ein überflüssiges Hindernis. Jedem Unternehmer und Betriebsübernehmer steht daher das Recht zu, um eine Nachsicht anzusuchen. Die Voraussetzungen für die Genehmigung eines derartigen Ansuchens sind von Gewerbe zu Gewerbe verschieden. Die Chance, dass diese Nachsicht gewährt wird und man sich so viel Zeit und Geld ersparen kann, stehen oft jedoch gar nicht so schlecht, insbesondere dann nicht, wenn der Betriebsübernehmer bereits einige Jahre in diesem Gewerbe in leitender Position tätig war und eine entsprechende Schulausbildung oder sonstige fachliche Ausbildung genossen hat. Ein derartiges Nachsichtsansuchen ist an und für sich kein großer Aufwand und sollte vom Betriebsübernehmer jedenfalls gestellt werden.

Gerade in den letzten Jahren hat sich die Praxis der Gewerbebehörden – auch auf Grund gelockerter gesetzlicher Bestimmungen und des Drucks der Europäischen Union – dahingehend positiv entwickelt, dass immer mehr Nachsichten erteilt werden. Da auch wir in der Kanzlei in den letzten Jahren schon einige Erfahrung in solchen Nachsichtsansuchen gemacht.

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

Werdenbergerstraße 38
6700 Bludenz
Vorarlberg, Österreich

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