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Pistensicherung

Wie ist und wer hat zu sichern
Gastautor Dr. Markus Schröcksnadel: In den letzten Jahren hat sich in der Rechtsprechung die Tendenz herausgebildet, nach Unfällen auf Schipisten die Liftbetreiber zur Haftung heranzuziehen.

In den letzten Jahren hat sich immer mehr die Tendenz herausgebildet, daß nach Schiunfällen der Liftbetreiber zur Haftung herangezogen wird. Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf einem Referat, welches ich 1992 vor Lift- und Seilbahnbetreiber gehalten habe.

Vorweg ist hierbei auszuführen, daß ich hier nur von der Schadenersatzpflicht reden möchte. Nur diese zivilrechtliche Haftung kann das Liftfahrtsunternehmen als Unternehmen treffen, bezüglich der strafrechtlichen Haftung wird immer die tatsächlich verantwortliche Person verfolgt.

Die zivilrechtliche Haftung ist deshalb interessant, da sie in der Regel aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Liftfahrtunternehmen und dem Schifahrer ab-geleitet wird. Zwischen dem Liftfahrtunternehmen und dem Schifahrer wird ein Beförderungsvertrag abgeschlossen, welcher als Nebenleistungspflicht des Liftfahrtsunternehmens die Zurverfügungstellung, zumindest einer sicheren Schipiste beinhaltet.

Wenn man nunmehr von der Pistensicherung generell redet, stellt sich die Frage, was überhaupt räumlich zu sichern ist?

Einigkeit herrscht jedenfalls darüber, daß nicht jede potentielle Abfahrt von der Bergstation zur Talstation zu sichern ist, sondern nur die als solche gewidmeten Schipisten und Schirouten.

Was ist eine Schipiste und Schiroute?

Eine Schipiste ist eine allgemein zugängliche, zur Abfahrt mit Schiern vorgesehene und geeignete Strecke, die markiert, kontrolliert und von atypischen Gefahren, insbesondere der Lawinengefahr, gesichert und präpariert sein soll.

Eine Schiroute ist eine allgemein zugängliche, zur Abfahrt mit Schiern vorgesehen und geeignete Strecke, die markiert und vor Lawinengefahr gesichert sein soll.

Man sieht also schon daran, daß auf den Panoramatafeln im Kassenbereich unbedingt darauf hingewiesen werden muß, ob eine Abfahrt eine Schipiste oder Schiroute ist. Sollte im Kassenbereich keine Panoramatafel sein, so würde ich empfehlen eine solche aufzustellen um beim Kauf einer Liftkarte jedem eindeutig zu signalisieren, welche Abfahrt sich wo befindet. Informationen auf den Panoramatafeln werden so Bestandteil des Beförderungsvertrages. Sicherlich gibt es da auch noch Unschärfen, wie bei dem Fall, daß eine Abfahrt, welche grundsätzlich keine Schipiste darstellt, ausnahmsweise doch gewalzt wird. Hier besteht jedenfalls die Gefahr, daß man auch bei einer solchen Abfahrt Siche-rungspflichten zu erfüllen hat.

Wie ist zu sichern?

Je nach Widmung als Piste oder Route durch den Beförderungsvertrag in Verbindung mit den Panoramatafeln bzw. mit Schigebietskarten usw. ergibt sich grundsätzlich aus der ÖNORM S 4611 ein Grundgerüst für eine ordnungsgemäße und haftungsbefreiende Sicherung. Eine Schipiste soll markiert, kontrolliert und von atypischen Gefahren, insbesondere Lawinengefahr, gesichert werden. Die Markierung erfolgt nach Schwierigkeitsgraden. Schipisten sind nach Schwierigkeitsgraden in drei Klassen eingeteilt:

1. LEICHT (blau markiert)

Schipisten, welche mit Ausnahme kurzer Teilstrecken in offenem Gelände 25 % Längs- und Quergefälle nicht übersteigen dürfen.

2. MITTELSCHWIERIG (rot markiert)

Schipisten, welche mit Ausnahme kurzer Teilstrecken in offenem Gelände 40 % Längs- und Quergefälle nicht übersteigen dürfen.

3. SCHWIERIG (schwarz markiert)

Schipisten, welche die Maximalwerte für mittelschwierige Pisten übersteigen.

Wie zu markieren ist, ergibt sich also aus der ÖNORM, der auch die Judikatur im wesentlichen folgt. Zur Pistensicherung gehört aber auch die Sicherung von atypischen Gefahren und die Präparation. Eine Gefahr ist dann atypisch, wenn sie unter Bedachtnahme auf das Erscheinungsbild und den angekündigten Schwierigkeitsgrad der Piste auch für einen verantwortungsbewußten Schifahrer unerwartet oder schwer abwendbar ist. Der Maßstab für die objektive Erkennbarkeit einer solchen atypischen Gefahrenquelle richtet sich nach dem durchschnittlichen Wissen eines für die Pistensicherung Verantwortlichen.

Diese Definition wurde 1988 bei den Schi-Forumsgesprächen von namhaften Juristen und Praktikern gefunden. In der Praxis bedeutet das, daß nicht wegräumbare Hindernisse auf der Schipisten wie Betonsockel, Gräben, Schächte, welche für die Schifahrer gleichsam wie Fallen wirken oder besonders gefährlich sind, entweder zu entfernen, deutlich zu kennzeichnen oder durch eine geeignete Abdeckung oder Umzäunung zu entschärfen sind. Nicht abzusichern sind aber Baumgruppen auf der Schipiste oder am Pistenrand. Sicherheitshalber sollten aber vereinzelt stehende Bäume auf neuralgischen Pistenstellen abgesichert werden. Kreuzungen mit Straßen oder anderen Schiabfahrten, mit Liften oder sonstige neuralgische Punkte wie Engstellen usw., sollten immer durch entsprechende Pistentafeln signalisiert werden.

Unklarheiten bestehen immer noch bei der Absicherung des Pistenrandes, wobei nach der Rechtssprechung jedoch der Pistenverantwortliche für Hindernisse außerhalb des genau gezeichneten Schipistenbereiches nicht verantwortlich ist. Befindet sich jedoch dieses Hindernis im unmittelbaren Naheverhältnis zum Pistenrand und kann der Pistenrand nicht genau ausgemacht werden, dann müssen auch solche Hindernisse - falls es sich um atypische Hindernisse handelt - abgesichert werden.

Sicherung vor Lawinengefahr

Ganz wesentlich für die Sicherung auf Schipisten ist auch der Schutz vor Lawinengefahr. Wird für eine Schipiste oder Schiroute Lawinengefahr festgestellt, ist diese unverzüglich zu sperren. Müssen alle von einem Schlepplift oder einer Seilbahn erschlossenen Schipisten und Schirouten gesperrt werden, so ist der Betrieb einzustellen. Die gesperrten Schipisten und/oder Schirouten sind auf den allgemeinen Übersichts- bzw. Orientierungstafeln des Schigebietes anzu-zeigen. Weiters ist am Beginn der gesperrten Schipiste und/oder Schiroute die Sperre gut sichtbar, für jedermann zweifelsfrei erkennbar, anzuzeigen. Nach Beseitigung der Gefahr ist die Tafel wieder zu entfernen.

Schlusskontrolle

Nach Beendigung des Bahn- und Liftbetriebes ist genau zu überprüfen, daß kein Schifahrer auf den Pisten zurückbleibt (dies bezieht sich jedoch nicht auf Schifahrer, die nach der Schlußkontrolle abfahren, zB von Schihütten). Es ist daher täglich eine Schlußkontrolle durchzuführen. Der Zeitpunkt, zu dem die Schlußkontrolle auf den Pisten durchgeführt wird, muß an der Talstation gut ersichtlich bekanntgegeben werden.

Schiroute: Die Besonderheit der Schiroute besteht darin, daß sie lediglich markiert und vor Lawinengefahr gesichert wird. Sie wird weder präpariert noch kontrolliert, also besteht auch keine Schlußkontrolle und sie wird auch nicht von anderen Gefahren - ausgenommen Lawinengefahr - gesichert.

Aus diesen Ausführungen läßt sich deutlich ersehen, daß der Umfang der Sicherung von der Widmung bestimmter Abfahrten als Schipiste bzw. Schiroute abhängt. Es ist daher unbedingt den Liftunternehmern zu raten, dafür Sorge zu tragen, daß im Zuge des Kaufes einer Liftkarte bzw. jeweils vor Antritt einer Bergfahrt genügend Informationen über die gewidmeten Schipisten und Schirouten zur Verfügung gestellt werden. Meiner Meinung nach sollten die Liftunternehmer auch in der Talstation ausdrücklich darauf aufmerksam machen, daß eine Pisten- bzw. Schiroutensicherung nur auf den in den Panoramatafeln aufgezeigten Abfahrten durchgeführt wird und für sonstige Abfahrten in keiner Weise gehaftet wird. Abschließend ist noch gesagt, daß die augenblickliche Judikatur wieder mehr zu der Eigenverantwortlichkeit des Schifahrers hin tendiert und nicht bei jedem Schiunfall automatisch den Liftunternehmern zur Haftung heranzieht.

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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