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Ausschluß vom «Ortsprospekt» unzulässig

Nur bei Vorliegen von schwerwiegenden Gründen darf eine Ausnahme gemacht werden
Wien, Vandans (VN-pi) Der Oberste Gerichtshof in Wien hat jetzt in einem Rechtsstreit des Ehepaars Platzer gegen die Gemeinde Vandans eine Grundsatzentscheidung gefällt. Demnach darf eine Gemeinde bzw. ein Verkehrsamt einen Fremdenverkehrsbetrieb vom Ortsprospekt nicht nach eigenem Gutdünken ausschließen. Die Monopolstellung verpflichte zur Aufnahme aller Betriebe. Nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe dürfte eine Ausnahme gemacht werden.

Das Ehepaar Platzer betreibt in Vandans seit vielen Jahren die Pension „Landhaus Platzer“. Bürgermeister Burkhard Wachter teilt dem Ehepaar im Frühjahr 1990 mit, der Gemeindevorstand habe beschlossen, den Betrieb im nächsten Jahr nicht mehr in das Prospekt der Gemeinde Vandans aufzunehmen. Er begründete diesen Beschluß damals mit Reklamationen und Beschwerden von Gästen.

Gemeinde müsse „Prospektwahrheit“ garantieren

Das Ehepaar Platzer strengte darauf beim Landesgericht Feldkirch einen Rechtsstreit gegen die Gemeinde an. Durch seinen Rechtsbeistand (Dr. Stefan Müller vom Anwaltsbüro Dr. Piccolruaz und Dr. Lins) ließ es vorbringen, daß die behaupteten Beschwerden samt und sonders unbegründet seine. Es liege eine „gesteuerte“ Kampagne vor. Der Hintergrund sei eine Beschwerde gegen die Gemeinde bzw. den Bürgermeister beim Volksanwalt. Die Gemeinde mißbrauche willkürlich ihre Monopolstellung. Sie vernichte durch diesen Schritt seine Existenz, da der weitaus größte Teil der Gäste über den Ortsprospekt zu seinem Fremdenverkehrsbetrieb vermittelt würde. Die Gemeinde Vandans (Vertreten durch RA Dr. Düngler) wiederholte im Prozeß ihre Vorwürfe und berief sich darauf, daß sie schließlich den „Prospekt Wahrheit“ garantieren müsse.

Das Landesgericht Feldkirch gab ohne jede Beweisaufnahme der Gemeinde recht und führte in seinem Urteil aus, es stehe dem Ehepaar Platzer frei, sich andere werbliche Möglichkeiten zu suchen. Es sei nicht zu prüfen, ob die Beschwerden berechtigt seien.

Oberster Gerichtshof korrigierte Landesgericht

Diese Rechtsauffassung wurde jetzt aber vom Obersten Gerichtshof in Wien mit einer Grundsatzentscheidung korrigiert. Im gegenständlichen Fall liege ein Monopol vor, so daß eine Verpflichtung bestehe, die Kläger in den Prospekt aufzunehmen. Dies gelte um so mehr, als überall dort, wo die öffentliche Hand tätig werde, eine Pflicht zur Gleichbehandlung bestehe.

Selbst dann, wenn auch andere Institutionen Prospekte drucken und vertrieben, bleibe die Verpflichtung der Gemeinde bestehen, alle Betriebe in den vom Verkehrsamt herausgegeben Prospekt aufzunehmen. Davon sei die Gemeinde im vorliegenden Fall nur dann befreit, wenn die Beschwerden einerseits sachlich begründet seien, andererseits eine überdurchschnittliche Häufung solcher Beschwerden vorliege und beides zusammen geeignet sei, das Ansehen der Fremdenverkehrsgemeinde zu beeinträchtigen. Der Oberste Gerichtshof hat das Landesgericht Feldkirch daher angewiesen, zu diesen Punkten Beweise aufzunehmen.

Das Ehepaar Platzer ist nun in der Lage zu bewiesen, daß die Beschwerden unberechtigt sind, das übliche Maß im übrigen nicht übersteigen (15 Beschwerden in 12 Jahren) und das Ansehen der Gemeinde Vandans keinesfalls beeinträchtigt wurde. Die Platzers sind sicher, darüber hinaus auch den Beweis erbringen zu können, daß der Ausschluß aus dem Ortsprospekt bzw. die von der Gemeinde behaupteten Beschwerden von dritter Seite gesteuert worden sind. Auch in diesem Fall wäre die Weigerung der Gemeinde rechtlich unzulässig.

Gemeinde bleibt bei ihrer Weigerung

Bei der Verhandlung am 8. November verlangten die Kläger nicht nur für das laufende Jahr, sondern auch für die folgenden Jahre die Wiederaufnahme in den Ortsprospekt. Die Gemeinde bliebe bei ihrer Weigerung. Der Anwalt des Ehepaares kündigte daraufhin an, die Wiederaufnahme in den Ortsprospekt mit einer einstweiligen Verfügung vorerst zu erzwingen und daß die Gemeinde mit umfangreichen Schadenersatzansprüchen zu rechnen habe. Das Ehepaar Platzer verlange die Buchungsausfälle ersetzt. Das Verhalten der Gemeinde sie existenzbedrohend. Das Gericht beschloß, dem Urteil des Obersten Gerichtshofes folgende, die von den Parteien beantragten Beweise aufzunehmen, und hat zu diesem Zweck die Verhandlung vertagt.

Vorarlberger Nachrichten, 15.11.1991

Rechtsanwälte
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