Beim Abschluß eines Vertrages besteht zwischen den Parteien meist ein harmonisches Verhältnis. Solange man in Freundschaft lebt, genügt eigentlich ein Handschlag. Diese Situation verleitet sehr viele Leute dazu, sich den Vertragstext möglichst billig zu beschaffen. Die Auffassung ist weit verbreitet, ein Formular genüge, um Vermögenswerte von mehreren Millionen Schilling zu übergeben.
Verträge aber sind wie Versicherungen. Erst im Krisenfall zeigt es sich, was sie wert sind. Wer garantiert, daß die Erben des Vertragspartners, deren Rechtsnachfolger, Ehegatten der Kinder etc. alles genauso sehen wie die beiden Personen, die sich die Hand gegebenen und ein Blatt Papier unterschrieben haben. Es kann sich überdies die wirtschaftliche Lage ändern, der Vertrag wird mangelhaft oder gar nicht erfüllt. Alle Wechselfälle des Lebens sind natürlich nicht vorherzusehen. Gerade aber der Rechtsanwalt hat einen umfangreichen Erfahrungsschatz, wie man mit notleidenden Vereinbarungen umgeht. Ein erfahrener Anwalt hat den Vertrag so abzufassen, daß er seine Funktion auch dann erfüllt, wenn die Parteien einander nicht mehr gut gesinnt sind oder einer von beiden vom abgeschlossenen Geschäft nichts mehr wissen will.
Wegen seiner jahrelangen Prozeßerfahrung hat der Anwalt anderen Vertragsverfassern gegenüber einen wichtigen Vorteil. Er weiß, was einzelne mißglückte Formulierungen bedeuten können, wann eine mangelhafte oder nur teilweise Vertragserfüllung den Vertrag insgesamt vernichtet und wann lediglich Gewährleistung oder Schadenersatz gefordert werden kann. Seine Erfahrung sagt ihm, welches die kritischen Punkte sind, wenn die Euphorie verflogen ist, wie und auf welche Weise manch einer aus einem Vertrag aussteigen oder ihn zu seinen Gunsten umbiegen will.
Aus diesem Grund wird er, bevor er eine Urkunde aufsetzt, jeden einzelnen Vertragspunkt im Detail mit seinen Klienten erörtern und die möglichen Folgen in einem Konfrontations- oder Auslegungsfall durchgehen. Insbesondere wird er darüber aufklären, welche Folgen Kraft Gesetzes an nicht oder schlechte Erfüllung geknüpft sind und raten können, wie man durch zusätzliche Abmachungen diese Folgen verstärkt oder abschwächt. So kann es z.B. sein, daß eine Nebenleistung so wichtig ist, daß sie zur Geschäftsgrundlage erklärt werden muß und den Vertrag insgesamt nichtig macht, falls diese Nebenleistung nicht erbracht wird. Ohne entsprechenden Passus würde z.B. nur Gewährleistung oder Schadenersatz zustehen.
Wenn nicht gänzlich unbedeutende Werte übertragen werden, lohnt es sich, mit einem erfahrenen Anwalt den Sinn und die Hintergründe des Vertrages durchzubesprechen und sich anzuhören, welche Eventualitäten eintreten können und welche Regelungsmöglichkeiten es diesbezüglich gibt.
Mehr als einmal haben wir erlebt, daß eine Klausel von einer Seite als unverbindliche Absichtserklärung, von der anderen aber als Vertragsbedingung ausgelegt wurde. Was der eine als Wunsch oder Motiv für den Abschluß ansah, war für den anderen ein Grund, den Vertrag rückgängig zu machen.
Dies klingt alles sehr abstrakt. Ein konkretes Beispiel gefällig? In einem Schenkungsvertrag habe ich folgenden Satz gelesen: "Das hiemit geschenkte
Geschenk darf nur an Kinder weitergegeben werden." Der Beschenkte hielt sich nicht daran und verkauft es. Was sind die Folgen? Schadenersatz, wenn ja, wie wird er bemessen? Muß er das Grundstück zurückgeben? Ist dies überhaupt möglich? Wie hätte man von vornherein sicherstellen können, daß der Übergang an die Kinder gesichert ist. Was würde es bedeuten, wenn statt das Wörtchens "darf, , "Sollte" , "muß" gestanden wäre? Solche und ähnliche wohlklingende Sätze haben wir schon oft als Gegenstand von heftigen Rechtsstreitigkeiten erlebt. Ein erfahrener Prozeßanwalt wird, wie erwähnt, solche Konfliktfelder erahnen und schon vor dem Abschluß alle Varianten und Konsequenzen aufzeigen und vorbeugend für Rechtssicherheit sorgen. Falls Sie einen "Amateur-Vertragsverfasser" kennen, konfrontieren Sie ihn einmal mit der oben dargestellten Formulierung.
Noch ein weiteres Vorurteil möchten wir ausräumen. Für ganz bestimmte Abmachungen haben die Notare ein Beurkundungsmonopol (Notariatsakt). Es wird nun verschiedentlich vermutet, in solchen Fällen würde die Beiziehung eines Anwaltes zur Erhöhung der Kosten führen. Dies ist aber nicht der Fall. Wenn der Vertragsinhalt mit dem Anwalt erörtert und von ihm ein Text vorgelegt wird, sind nur die zusätzlichen Beurkundungsgebühren zu zahlen, die sowieso anfallen. Der Vertrag selbst müßte auch beim Notar extra bezahlt werden. Im übrigen kann die beglaubigte Unterfertigung in den meisten Fällen vor dem Bezirksgericht oder dem örtlichen Legalisator vorgenommen werden und ist dort wesentlich kostengünstiger.
Während also die Beiziehung eines Notars neben einem Rechtsanwalt lediglich dann erforderlich ist, wenn eine formelle Beurkundung gebraucht wird, stellt sich die Zusammenarbeit mit Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern als sehr konstruktiv heraus. Ein größeres Projekt ist ohne intensive Kenntnis des Steuerrechts und der speziellen steuerlichen Situation der Klienten nicht möglich. Leider ist es verboten, mit einem Steuerberater ein Gesellschaftsverhältnis einzugehen. Wir würden das sehr gerne tun. Allerdings muß man auch sagen, daß die Vertragsverfassung durch Steuerspezialisten nicht immer alle Aspekte berücksichtigt (Erbrecht, Anfechtungssicherheit im Konkurs etc.). Erst das Zusammenführen der gemeinsamen Spezialkenntnisse führt zu einer allen Problemen gerecht werdenden Vertragskonstruktion. Bei Unternehmenssanierungen z.B. ist eine Zusammenarbeit von Anwalt und Wirtschaftsprüfer unabdingbar.