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Keine Rechnung zwischendurch


OGH lehnt Zwischenrechnungen von Anwälten an Rechtsschutzversicherungen ab. Der Aufwand sei zu groß, außerdem verfügten die Versicherer über eine hervorragende Bonität.

Der Oberste Gerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Rechtsschutzversicherung die Möglichkeit von Zwischenabrechnung von Anwälten und somit indirekt die freie Anwaltswahl einschränkt (OGH 26. November 2014,7 Ob 190/14 P). Ein Klient hatte mi seinem Rechtsanwalt eine Vereinbarung abgeschlossen, wonach diese zur jederzeitigen Zwischenabrechnungen berechtigt ist und auch Vorschüsse verlangen kann. Dieser Klient war nun der Meinung, dass die AGB der speziellen Rechtsschutzversicherung gegen den Grundsatz der freien Anwaltswahl verstoßen, weil nach diesen nur eingeschränkt Zwischenabrechnungen zulässig sind, nämlich dann, wenn ein mehrstufiges Verfahren in einer Instanz oder eben endgültig abgeschlossen ist.

Festgestellt wurde, dass die gegenständliche Rechtsschutzversicherung ein sogenanntes A-Rating besitzt, weiters, dass jederzeitige Zwischenabrechnungen wegen der damit verbundenen Überprüfung von Honorarnoten zu einem erheblichen Personalmehraufwand führen würde, was in der Folge auf die Prämien überwälzt werden müsste.

Keine „Überraschung“


Die Auffassung, dass die entsprechende Klausel gemäß § 8 64a ABGB „überraschend“ bzw. nach § 879 Abs. 3 ABGB „gröblich benachteiligend“ sei, wiesen die Höchstrichter zurück.

Auch nach der Rechtsprechung des EuGH seien unterschiedliche Modalitäten in Bezug auf die freie Wahl des Vertreters zulässig, es sei denn, durch eine solche Regelung würde die Wahlfreiheit des Versicherungsnehmers faktisch unmöglich gemacht. Ob dies der Fall ist müssten die nationalen Gerichte beurteilen.

Davon aber, so die Höchstrichter, könne keine Rede sein. Rechtsschutzversicherungen verfügten über eine sehr hohe Bonität, sodass zunächst einmal gesichert sei, dass sie ihren Verpflichtungen nachkommen werden. Es stehe weiters nicht fest, dass es den Usancen der Rechtsanwälte entspreche, einzelne Verfahrensschritte im Abstand von wenigen Monaten gegenüber ihren Mandanten zwischenabzurechnen. Daraus folge aber, so der OGH weiter, dass eine ausreichende Anzahl von Rechtsanwälten (und zwar nicht nur Vertragsanwälte) auf der Basis der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Rechtsschutzversicherungen (mit der eingeschränkten Möglichkeit der Zwischenabrechnung) tätig zu werden bereit sind.

„Aufwand zu hoch“


Das Höchstgericht pflichtete auch der Argumentation der Versicherungen bei, dass die Möglichkeit einer jederzeitigen Zwischenabrechnung einen unverhältnismäßig hohen Personalaufwand erfordern würde. Man könne auch nicht sagen, dass sofort zu zahlende Gerichtsgebühren eine unsachliche Bevorzugung in Bezug auf das Honorar darstellt. Solchen Zahlungsverpflichtungen lägen rechtskräftige Beschlüsse zu Grunde und seien  daher ohne weiteren Aufwand zu liquidieren.

Der gegenständliche Rechtsstreit war vielleicht nicht besonders gut geeignet, die Problematik gründlich aufzuarbeiten. Es ging nämlich um die Kosten in einem arbeitsgerichtlichen Prozess mit geringem Streitwert und relativ kurzer Dauer. Was aber, wenn ein Prozess in 1. Instanz bei hohem Streitwert mit großem Aufwand verbunden ist und über Jahre hinweg dauert, zum Beispiel bei Rechtshilfeersuchen in exotischen Ländern?

Die Anwaltschaft sollte zumindest für solche Extremfälle eine Änderung der fraglichen Klauseln anstreben.

Dr. Stefan Müller, anwalt aktuell

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