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Gästebeschwerden: Von eiskalten Butterbroten und Stunk im Charterflieger

Darf Bier am Hotel-Pool in Plastikbechern kredenzt werden? Wie ist der Mindestabstand zwischen Liegestühlen? Kein Urlaubsdetail ist zu klein, um nicht vor Gericht intensiv dikutiert zu werden.
In Deutschland hat sich bereits ein eigener Rechtsprechungszweig gebildet, aufgrund von Entscheidungen wurde die „Frankfurter Liste“ erstellt, die tabellarisch aufführt, was für Mängel an Unterkünften bei der Verpflegung oder dem Transport üblicherweise zugesprochen wird. Mittlerweile dient diese Liste den Richtern als Grundlage für weitere Urteile. Sie wird mittlerweile auch von den österreichischen Gerichten anerkannt.
Aktuelle Entscheidungen geben Einblick in aufgewühlte Touristenseelen.

Stilbewusste „All-inclusive“-Urlauber erleiden Schiffbruch
Ein Familienvater aus Duisburg ließ es krachen: Für Mama, beide Söhne, die Freundin einer der Söhne und sich selbst buchte er eine zweiwöchige Flugreise nach Ibiza – „All inclusive“ versteht sich. Kaum war die Reisegruppe in der Ferienanlage angekommen, zückte Papa den Beschwerdeblock: Kein Wort könne er bei dem auf Englisch durchgeführten Animationsprogramm verstehen. Sprachlos machten den Duisburger auch die Zustände am Hotelpool. Statt in „ordentlichen“ Gläsern, würden die Getränke lediglich in Plastikbechern angeboten. Zudem betrage der Mindestabstand zwischen den Poolliegen kaum 50 Zentimeter. Unzumutbar sei es für einen Mitteleuropäer, sich durch dieses Stuhllabyrinth hindurchzuschlängeln.
Wieder zuhause verklagte der Mann den Reiseveranstalter auf Preisminderung. Ohne Erfolg. Der zuständige Richter konnte nichts Anstößiges dabei finden, wenn in einem Mittelklassehotel Getränke im Außenbereich in Plastikbechern verabreicht werden.
Das überwiegend englischsprachige Animationsprogramm fand der Richter in einem Hotel mit internationalem Publikum okay. Auch der halber Meter Manövrierraum zwischen den Poolliegen war nach Meinung des Gerichts nicht zu eng, um die „Zwischenräume zu passieren“.

Fehlende Pommes frites am Sinai quälen Gast aus Hamburg
Ein Hamburger nebst Gattin buchte eine Doppelkabine für eine Nilkreuzfahrt. Mit der ebenfalls gebuchten Vollpension war der Hanseat alles andere als zufrieden. Während das Schiff an Dattelpalmen und Pharaonengräbern vorbeigefahren sei, habe es an Bord „täglich dieselben Speisen gegeben.“ Besonders seine geliebten Kartoffeln habe er die gesamte Reisezeit über bitterlich entbehren müssen.
Der Kartoffelentzug führte nach Rückkehr des Gastes zu einer genauen Beweiserhebung vor dem Hamburger Amtsgericht. Die befragten Zeugen gaben jedoch ein differenziertes Bild vom Kochgeschehen am Suez-Kanal ab.
Zum Frühstück soll es etwa süße Brötchen, frisch zubereitete Spiegel- und Rühreier sowie ebenfalls frisch hergestellte Crepes mit Puderzucker oder Honig gegeben haben. Eine Zeugin schloss sogar die Existenz von Marmelade, Nutella, Wurst, Käse, Obst oder Gemüse nicht gänzlich aus. Auch das Mittags- und Abendbüffet ließ in den Erinnerungen der Zeugen wenig Wünsche offen. Calamaris, Hühnerteile, verschiedene Fleischsorten, acht verschiedene Salate sowie Reis- und Nudelpfannen sowie reichlich Obst wurden zu Protokoll gegeben.
Für den Richter ein klarer Fall: Von „eintönigem Essen“ könne nicht gesprochen werden. Auch die fehlenden Pommes oder Bratkartoffeln führten zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. „Landesüblich“, so der Richter, seien Erdäpfel in Ägypten nicht.

Gurtmuffel und Tiefkühlkost führen zu Zoff im Ferienflieger
Eine landsmännisch nicht näher bezeichnete Reisegruppe führte in einem Urlaubsflieger am Frankfurter Flughafen zu tumultartigen Szenen vor dem Abflug. Grund des Tohuwabohus: Die Gruppe wollte sich vor dem Abheben partout nicht setzten geschweige denn anschnallen. Der Kapitän schmiss die Gurtmuffel raus. Dafür wollten die Aufständischen Schadensersatz. Vergebens: Die Gerichte entschieden: Entsprechend der internationalen Flugregeln habe der Kapitän die Maßnahme zur „Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung an Bord“ treffen dürfen.
Pech hatte auch ein Ehepaar aus Mecklenburg, dass sich über ein halbgefrorenes Sandwich während einer Flugreise beschwert hatte. Das Gericht wertete den kühlen Snack als „hinzunehmende Unannehmlichkeit“.

Dr. Stefan Müller
RA in 6700 Bludenz

                                                                                    Gastronomica, WKO, 03/2011

 

Rechtsanwälte
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