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Leiharbeit

Arbeitskräfteüberlassung ist der derzeit am schnellsten wachsende Wirtschaftsbereich nicht nur in Österreich. Waren 1995 noch ca. 12.500 Personen als überlassene Arbeitskräfte tätig, so waren es 2004 bereits über 44.000, also eine Steigerung um das Dreieinhalbfache. Diese Zahlen relativieren sich allerdings, wenn man bedenkt, dass nur etwa 1,5 % aller Arbeitnehmer im Rahmen von Arbeitskräfteüberlassungsverträgen tätig sind.
 

Haftungen, Fristenfallen

Die Gewerkschaften haben Leiharbeit lange Zeit strikt abgelehnt. Es wurde befürchtet, dass es hauptsächlich um Lohndumping gehe. Mittlerweile hat man aber auch dort die Vorteile eingesehen. Der Einsatz von Leiharbeitern ist bestens geeignet, kurzfristige Arbeitsspitzen abzudecken und so oft illegale Überstunden zu vermeiden. Mitunter werden auch ältere, gesundheitlich nicht mehr voll einsetzbare Arbeitnehmer, solche aus sozialen Randgruppen (z.B. Vorbestrafte) und in letzter Zeit auch zunehmend behinderte Arbeitnehmer doch noch einer Beschäftigung zugeführt. Für die Unternehmen bedeutet das Leiharbeiterwesen eine nicht unbedeutende Flexibilität. Oft können zusätzliche Aufträge nur auf diese Art und Weise abgewickelt werden, was nicht zuletzt auch der Sicherheit der Stammarbeitsplätze dient.

Begriffe

Es scheint geboten, eingangs die im Folgenden verwendeten Begriffe kurz darzustellen.

Überlasser („Verleiher“) ist, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet. Er ist Arbeitgeber des Zeitarbeiters bzw. der Zeitarbeiterin.

Beschäftiger ist, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt. Es handelt sich meist um Unternehmen, die vorübergehend zusätzlich Mitarbeiter brauchen, sie aber nicht selbst anstellen wollen.

Dienstverschaffungsvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Überlasser und Beschäftiger, in welchem die Bedingungen geregelt werden, zu denen Arbeitskräfte überlassen werden. Hier sind besonders die oft recht umfangreichen und detaillierten allgemeinen Geschäftsbedingungen der Leiharbeiterfirmen zu erwähnen. Es lohnt sich, diese genauestens zu studieren, da im Konfliktfall ziemliche Haftungen auf den Beschäftiger zukommen können.

Der Arbeitnehmer

Überlassene Arbeitskräfte sind die einzige Gruppe von Arbeitnehmern, deren Lohnhöhe gesetzlich geregelt ist – und das gleich doppelt. Leiharbeiter haben Anspruch auf einen ortsüblichen Grundlohn und auf ein Einsatzentgelt. Durch die doppelte Regelung soll erreicht werden, dass Leiharbeiter über ein einigermaßen gesichertes und anständiges Einkommen verfügen und auch, dass Stammarbeiter nicht unter Lohndruck geraten und die Lohnverhältnisse am Arbeitsplatz stabil bleiben. Im Zweifelsfall steht dem Arbeitnehmer der höhere Anspruch zu.

Der Grundlohn muss anlässlich der Einstellung der Zeitarbeitskraft vereinbart werden. Er bleibt auch bei wechselnden Einsätzen unverändert. Der Überlasser muss in einem Dienstzettel die genaue Höhe festhalten. Vom Grundlohn zu unterscheiden ist das Einsatzentgelt. Zeitarbeitnehmer werden zu den verschiedensten Firmen entsandt. Das Gesetz will sicherstellen, dass in den Beschäftigerbetrieben keine Arbeitskräfte tätig werden, die unterkollektivvertraglich bezahlt sind. Daher soll der Zeitarbeitnehmer bezüglich des Lohns so gestellt sein wie die Stammmitarbeiter.

Eine besondere Regelung sieht das Gesetz auch für Stehzeiten vor. Es muss nämlich das zuletzt bezogene Entgelt samt Zulagen (eventuell Überstundenentgelt) weiter bezahlt werden.

Ungültige Klauseln

a) Befristungsverbot
Eine Befristung des Arbeitsverhältnisses ohne sachliche Rechtfertigung ist verboten. Dass die Leiharbeitskraft etwa nur vorübergehend benötigt wird, stellt keine solche dar.

b) Konkurrenzklauseln
Das Gesetz verbietet sämtliche Formen von Konkurrenzklauseln. Der Arbeitnehmer kann jederzeit kündigen und jederzeit unmittelbar zum Beschäftiger wechseln, um die Vorteile eines festen Arbeitsplatzes zu genießen. Auch der Wechsel zu beliebigen anderen Arbeitgebern kann durch eine Vereinbarung zwischen Überlasser und seinen Arbeitnehmern nicht verboten werden.

Davon zu unterscheiden ist allerdings die Konkurrenzklausel, die sich in den Verträgen zwischen dem Überlasser und Beschäftiger (meist in den allgemeinen Geschäftsbedingungen) finden. Diese Vereinbarung ist selbstverständlich gültig, betrifft aber eben nur das Verhältnis zwischen dem Überlasser und Beschäftiger. Oft wird eine Konventionalstrafe von empfindlicher Höhe vereinbart. Die Überlasser verlieren nämlich durch solche Übertritte meist die eher gesuchteren und besseren Leute. Sie können, wenn solches im größeren Umfang auftritt, in Schwierigkeit geraten, ihre vertraglichen Verpflichtungen, die sie anderswo eingegangen sind, einzuhalten.

Arbeitgebern (Beschäftigern), die einige Leute übernehmen wollen, ist daher zu raten, sich die diesbezügliche Klausel in ihrem Vertrag mit dem Überlasser genau anzusehen.

Konventionalstrafen

Im Verhältnis zu den Arbeitnehmern sind Konventionalstrafen kraft Gesetzes verboten. Lediglich im Falle eines unbegründeten vorzeitigen Austritts (ohne Einhaltung der Kündigungsfrist) ist ein pauschalierter Schadenersatz zulässig.

Arbeitszeit

Verboten ist die Vereinbarung einer Arbeitszeit, die wesentlich unter dem zu erwartenden Beschäftigungsausmaß liegt.

Verfalls- oder Verjährungsvorschriften

Die vertragliche Vereinbarung von Verfalls- oder Verjährungsfristen ist ebenfalls verboten. Die gesetzlichen und jeweiligen kollektivvertraglichen Fristen können also nicht verkürzt werden.

Kündigung

Die gesetzliche Kündigungsfrist bei Leiharbeitern beträgt nur zwei Wochen. Sie steigt nach drei Jahren auf drei Wochen, nach fünf Jahren auf fünf Wochen, nach zehn Jahren auf sieben Wochen. Kündigung ist nur zu Ende der Arbeitswoche möglich.

Pflichten der Arbeitnehmer

Arbeitspflicht
Die voraussichtliche Art der Arbeitsleistung muss im Vorhinein vereinbart und im Dienstzettel festgehalten werden. Diese Vereinbarung ist zunächst unabhängig vom einzelnen Einsatz. Sowohl Überlasser als auch Beschäftiger können die vereinbarte Arbeitsleistung mittels Weisungen näher bestimmen. Der Arbeitnehmer ist aber nur verpflichtet, solche Tätigkeiten zu verrichten, zu denen er sich vorher im Vertrag verpflichtet hat.

Verschwiegenheitspflicht
Als selbstverständlich muss angesehen werden, dass Leiharbeiter eine Verschwiegenheitspflicht sowie auch eine Treuepflicht nicht nur gegenüber dem Überlasser, sondern auch gegenüber dem Beschäftiger zu beachten haben. Insbesondere dürfen sie keine Betriebsgeheimnisse, von denen sie Kenntnis erhalten, weitergeben oder sich unloyal gegenüber dem Beschäftiger verhalten.

Rechte und Pflichten des Überlassers bzw. Beschäftigers

Den Überlasser treffen trotz der Eingliederung seines Arbeitnehmers in einen fremden Betrieb die vollen arbeits- und sozialrechten Verpflichtungen des Arbeitgebers. Zusätzlich treffen aber fast alle vertraglichen Nebenpflichten auch den Beschäftiger. Besonders hervorgehoben werden muss die so genannte Bürgschaftspflicht des Beschäftigers. Hier kommt es immer wieder zu Haftungen, weil die Leiharbeiterfirma ihren Verpflichtungen, Steuern und Abgaben zu leisten, nicht nachkommt und dann die Bürgschaft des Beschäftigers schlagend wird. Der Beschäftiger haftet nämlich als Bürge dafür.

Sozialversicherungspflicht

Der Überlasser muss den Arbeitnehmer bei der Gebietskrankenkasse anmelden. Der Beschäftiger treffen diesbezüglich keine Pflichten – ausgenommen die Bürgschaftsverpflichtung (vergleiche oben).

Fürsorgepflicht

Die in Arbeitsverhältnissen übliche Fürsorgepflicht treffen in diesem Falle beide, den Beschäftiger wie auch den Überlasser. Meist wird in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Überlassers im Detail geregelt, wie die Auswahl, die Qualifikation und die Zusammenarbeit bzw. der Einsatz des überlassenen Arbeitnehmers auszuschauen hat. Auf einige dieser Punkte werden wir später noch eingehen. Es versteht sich von selbst, dass alle gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzes vom Beschäftiger einzuhalten sind. So lange die überlassenen Arbeitskräfte im Betrieb des Beschäftigers tätig sind, hat dieser in jeder Hinsicht so Fürsorge zu tragen wie für seine Stammmitarbeiter.

Bürgschaft

Der Beschäftiger haftet für alle Entgeltansprüche, welche dem Leiharbeiter für seine Tätigkeit in seinem Betrieb zustehen als Bürge. Er haftet auch für die entsprechenden Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung, die eigentlich der Überlasser abzuführen hätte. Dies hat schon mehrfach zu unangenehmen Überraschungen geführt, insbesondere dann, wenn die Leiharbeiterfirma zahlungsunfähig geworden ist. Es empfiehlt sich einerseits, in kurzen Zeiträumen abzurechnen und sich zu erkundigen, ob sowohl die Arbeiter ihre Löhne erhalten haben und auch die Sozialversicherungsabgaben entrichtet worden sind. Es kann auch nicht schaden, wenn man sich vor einem erstmaligen Vertragsabschluss über die Bonität der Leiharbeiterfirma erkundigt. Angemerkt werden muss allerdings noch, dass im Falle einer Insolvenz des Überlassers die Bürgschaft insoweit eingeschränkt wird, als die Arbeitskräfte über den Insolvenzausgleichsfonds entschädigt werden.

Grenzüberschreitung

Innerhalb des EU- bzw. EWR-Raums (Liechtenstein) ist die Arbeitskräfteüberlassung ohne bürokratische Hindernisse möglich. Es ist lediglich eine Anzeige bei der zuständigen Gewerbebehörde vorzunehmen. Außerhalb dieses Raums ist die Überlassung sowohl hinaus als auch herein grundsätzlich verboten. Es gibt aber Ausnahmegenehmigungen, insbesondere für besonders qualifizierte Fachkräfte, die im Inland benötigt werden.

Allgemeine Geschäftsbedingungen

Die Leiharbeiterfirmen haben zumeist ausgefeilte Allgemeine Geschäftsbedingungen, die sich vornehmlich mit der Art der Zusammenarbeit, der Auswahl der Leiharbeiter und mit den Haftungen bei Unfällen befassen. Häufiger Konfliktfall ist, dass die überlassenen Arbeitskräfte nicht oder nur teilweise die Qualifikation aufweisen, die Tätigkeiten durchzuführen, für die sie bestellt worden sind. Es lohnt sich, diesem Punkt vor Vertragsabschluss besondere Aufmerksamkeit zu widmen und zwar ist dies im Interesse beider Vertragspartner.

Die Eingliederung in den Betrieb bzw. die Einweisung und Einarbeitung ist selbstverständlich meist Sache des Beschäftigers. Häufig ist vereinbart, dass der Beschäftiger dem Überlasser schadenersatzpflichtig wird, wenn es durch mangelnde Aufsicht, Fehler bei der Koordination bei der Zusammenarbeit etc. zu Stehzeiten bzw. Schäden kommt. Die Leiharbeiterfirmen übernehmen meist nur die Haftung für die Auswahl der Leiharbeiter gemäß der vereinbarten Qualifikation bzw. Tätigkeit, lehnen jedoch jede weitere Haftung ab, insbesondere insoweit, als bei der Tätigkeit Dritten oder Kunden des Beschäftigers Schäden zugefügt werden. Die Arbeitnehmer selbst sind diesbezüglich durch das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz weitgehend geschützt.

Kommunalsteuer

Für den Fall der Überlassung von Arbeitskräften ist Steuerschuldner der Kommunalsteuer das inländische Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen. Die Kommunalsteuer ist auch dann abzuführen, wenn Arbeitskräfte ins Ausland überlassen werden, es sei denn, es besteht eine ausländische Betriebsstätte. Inländische Überlasser haben die Kommunalsteuer ab dem siebten Kalendermonat an die Gemeinde des Beschäftigungsunternehmens zu entrichten, wenn die verleasten Arbeitskräfte mehr als sechs volle Kalendermonate an dieses Unternehmen überlassen worden sind.

Ausnahmen

Nicht jede Zusammenarbeit zwischen eigenen und fremden Arbeitskräften unterliegt dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz. Die wichtigsten Ausnahmen seien im Nachfolgenden dargestellt.

Mangelnde Eingliederung
Sind fremde Arbeitskräfte nicht in den Beschäftigerbetrieb eingegliedert und unterliegen sie nicht der fachlichen und organisatorischen Weisungen des Beschäftigers, liegt keine Arbeitskräfteüberlassung vor.

Beispiel 1:
Ein Hotel hat eine Reinigungsfirma mit der täglichen Reinigung des Hotelrestaurants beauftragt. Die Reinigungskräfte erhalten vom Hotelpersonal keine Weisungen. Wünsche und Beschwerden werden einem Beauftragten der Reinigungsfirma mitgeteilt, der vor Ort die Leute entsprechend anweist. In diesem Fall liegt keine Arbeitskräfteüberlassung vor.

Beispiel 2:
Ein anderes Hotel hat eine Reinigungsfirma mit der gleichen Tätigkeit beauftragt. Die Reinigungskräfte erhalten ihre Weisungen jedoch vom Hoteldirektor, mit dem sie insbesondere auch Arbeitszeiten und Abwesenheitszeiten etc. vereinbaren. In diesem Fall kommt das Gesetz über die Arbeitskräfteüberlassung zur Anwendung.

Servicekräfte
Das Gesetz findet keine Anwendung auf die Überlassung von Arbeitskräften durch Erzeuger, Verkäufer oder Vermieter von technischen Anlagen oder Maschinen. Voraussetzung ist, dass diese Arbeitskräfte

  • zur Inbetriebnahme oder Wartung von technischen Anlagen oder Maschinen oder
  • zur Einschulung von Arbeitnehmern des Beschäftigers erforderlich sind und der Wert der Sachleistung (Preis für die Maschinen) überwiegt.

Überlassung innerhalb einer ARGE
Das Gesetz findet weiters keine Anwendung für die Überlassung von Arbeitskräften innerhalb einer Arbeitsgemeinschaft oder einer betrieblichen Zusammenarbeit

  • zur Erfüllung gemeinsam übernommener Aufträge oder
  • zum Zwecke des Erfahrungsaustausches, der Forschung und Entwicklung, der Ausbildung der Betriebsberatung oder der Überwachung oder
  • in Form einer Kanzlei- oder Praxisgemeinschaft.

Überlassung innerhalb eines Konzerns
Voraussetzung ist aber, dass sie zum Betriebsstandort beider Konzerne innerhalb des EWR-Raumes liegen und die Überlassung von Arbeitskräften nicht zum Betriebszweck des überlassenden Unternehmens gehört.

Betreibt also ein Konzern eine Personenleasingfirma und überlässt einem anderen Konzernbereich Mitarbeiter, so findet das Gesetz sehr wohl Anwendung.

Das Gesetz findet weiters keine Anwendung auf die Überlassung von Arbeitskräften

  • durch den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband
  • in der Land- und Forstwirtschaft
  • im Rahmen sozialer Dienste, öffentlich und öffentlich geförderter Einrichtungen sowie
  • bei der Entwicklungshilfe nach dem Entwicklungshilfegesetz

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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