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Anwaltshaftung

Wie in jedem Berufsstand kommen auch bei der Ausübung der anwaltlichen Tätigkeit Fehler vor. Sie können die Beratung oder die Vertretung, aber auch die Organisation der Kanzlei betreffen. Kleine Unachtsamkeiten führen bisweilen zu großen Schäden. Der heutige Klient ist wesentlich kritischer, als dies noch vor Jahrzehnten der Fall war. Schadenersatzklagen gegen Anwälte sind daher nichts außergewöhnliches. Den größten Teil der Fälle erledigt allerdings die Haftpflichtversicherung, ohne daß es zu einem Rechtsstreit kommt. Trotzdem gibt es eine Reihe von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zu diesem Thema.

Haftpflichtversicherung

Bevor ich mich mit der Haftung im einzelnen befasse, möchte ich darauf hinweisen, daß jeder Anwalt eine Pflichtversicherung abgeschlossen hat, die seinem Klienten die Gewähr gibt, daß er zu seinem Geld kommt, wenn eine Schadenersatzpflicht festgestellt wird. Unser Büro zB ist bis zu einem Betrag von ÖS 15.Mio. pro Anlaßfall versichert. Diese Versicherung deckt Schäden, die aus Fehlern und Fahrlässigkeiten unsererseits entstehen. Daneben gibt es aber eine Versicherung der Anwaltskammer, die sogar gegen absichtliche Schadenszufügung (Veruntreuung, Betrug) Deckung verschafft. Es besteht also ein ziemlich umfassender Schutz für den Klienten. Die Prämien sind dem gemäß ein nicht unbedeutender Kostenfaktor.

Rechtskenntnis

Der Rechtsanwalt muß alle Gesetze kennen, auch außergewöhnliche, und haftet dafür gegenüber seinem Klienten. Er muß weiters die einschlägige Rechtssprechung und die wesentlichsten Lehrmeinungen zu jedem Problem kennen. Wenn er jedoch einen Standpunkt einnimmt, der vertretbar ist, mit dem er aber schlußendlich nicht durchdringt, so begründet dies keine Schadenersatzpflicht.

Der Rechtsanwalt muß in seiner Tätigkeit so vorgehen, daß die von seinem Mandanten angestrebten Ziele am sichersten erreicht werden. Er ist angehalten, jedes unnötige, vermeidbare Risiko auszuschließen.

Aufklärungspflicht

Der Anwalt hat daher seinen Klienten über die Rechtslage zu informieren und ihn mit allen Risiken vertraut zu machen. Er hat ihm darzulegen, welche Möglichkeiten zur Erreichung seines Zieles gegeben sind. Für jede dieser Varianten sind die Risiken gesondert darzustellen und gegeneinander abzuwägen. Jeder Klient ist mit hinreichender Deutlichkeit über die Aussichtslosigkeit eines Prozesses aufzuklären. Es genügt nicht, nur ganz allgemein von Risiken zu sprechen. Gibt nach einer solchen Belehrung der Klient dennoch die Weisung, den Prozeß zu führen, entfällt die Haftung des Anwalts.

Es muß nochmals betont werden, daß ein Anwalt nicht haftet, wenn er eine vertretbare Rechtsmeinung einnimmt und diese schlußendlich von den Gerichten nicht geteilt wird. Er haftet aber sehr wohl, wenn seine Auffassung nicht im Einklang mit der gängigen Rechtsprechung und Lehre steht.

Prozeßaussichten

Ist der Klient ein juristischer Laie, so verlangt der Oberste Gerichtshof um so mehr eine umfassende Beratung und Belehrung, insbesondere über die Erfolgsaussichten eines Prozesses. Bei großen Prozessen empfiehlt es sich - um nachträglichen Unstimmigkeiten vorzubeugen - vor Prozeßbeginn ein Rechtsgutachten zu erstellen.

Kanzleifehler

Der Rechtsanwalt ist grundsätzlich für die Tätigkeit seiner Kanzlei verantwortlich. Der Oberste Gerichtshof hat in unzähligen Entscheidungen festgestellt, daß es zu den wesentlichen Organisationsaufgaben des Rechtsanwaltes gehört, für fristgemäße Schriftsätze, Postaufgabe und sonstige wichtige Erledigungen zu sorgen. Kommt es aufgrund einer solchen mangelnden Kontrolle des Rechtsanwaltes zu einer Fristversäumnis oder dergleichen, haftet der Rechtsanwalt seinem Klienten hiefür.

Haftung als Vertragsverfasser

Die Anforderungen an die anwaltliche Sorgfaltspflicht sind besonders hoch, wenn der Anwalt die Interessen mehrerer Personen zu vertreten hat. Tritt der Rechtsanwalt als Vertragsverfasser auf, so ist vorerst zu klären, ob er alle Vertragsparteien oder ob er nur eine Partei vertritt. Die Beratung beider Parteien vor Erreichung eines wirtschaftlichen Grundkonsenses widerspricht dem Verbot der Doppelvertretung, wie sie in der Rechtsanwaltsordnung niedergelegt ist. Wird der Rechtsanwalt nach einem wirtschaftlichen Grundkonsens zur Vertragsformulierung von beiden Seiten beauftragt, so darf er den Auftrag übernehmen, da keine widerstreitenden Interessen mehr vorliegen. Der Rechtsanwalt hat in einem solchen Falle jedoch Informationen über eine Vertragspartei, wenn er diese bereits zuvor vertreten hat, zumindest in dem Ausmaß der anderen Partei mitzuteilen, wie deren Interessen gefährdet werden könnten. Der Oberste Gerichtshof hat mehrfach entschieden, daß der Rechtsanwalt als Vertragsverfasser haftet, wenn er eine ihm erkennbare Gefahrenlage verschweigt.

Beim Liegenschaftsverkauf hat sich der Rechtsanwalt als Vertragsverfasser Kenntnis über den Grundbuchsstand und auch Kenntnis über außerbücherliche Dienstbarkeiten zu verschaffen. Diese Verpflichtungen sind auch ohne ausdrücklichen Auftrag wahrzunehmen. Im Rahmen der Informationsaufnahme und der nachfolgenden Belehrung ist auch auf steuer- und gebührenrechtliche Fragen einzugehen. Insbesondere, so haben die Gericht bereits mehrmals festgestellt, ist der Rechtsanwalt verpflichtet, allfällige vorliegende Falschinformationen bei den Vertragsparteien hinsichtlich Steuern und Gebühren aufzuklären.

Haftung als Treuhänder

Vor allem im Zuge von Vertragsverfassungen wird der Rechtsanwalt öfters als Treuhänder von den Vertragsparteien eingesetzt. Über die wirtschaftlichen Vorteile dieses Treuhandwesens werden wir noch anschließend berichten.

Ist der Rechtsanwalt von mehreren Personen als Treuhänder bestellt worden, ergibt sich naturgemäß, daß der Anwalt die Interessen aller Treugeber zu beachten hat. Die Treuhandschaft kann daher nur von allen widerrufen werden. Einseitige Widerrufsakte darf der Treuhänder nicht beachten. Beachtet er sie dennoch, kann er von den anderen Treugebern zur Verantwortung gezogen werden. Der Rechtsanwalt muß sich als Treuhänder strikt an die in der Bestellung gegebenen Anweisungen halten. Abweichungen hievon dürfen nur erfolgen, wenn diese von allen Treugebern dem Rechtsanwalt mitgeteilt und gebilligt werden, ansonsten besteht nach einhelliger Rechtssprechung Haftung des Anwaltes.

Warnpflicht des Anwalts

Der Rechtsanwalt ist grundsätzlich an die Weisungen seines Klienten gebunden. Der Klient ist ja der Auftraggeber. Aus der beruflichen Qualifikation des Rechtsanwaltes ergeben sich jedoch gewisse Grenzen der Weisungsgebundenheit. Der Rechtsanwalt ist beispielsweise nicht verpflichtet, prozeßtaktische Weisungen seines Klienten unbedingt zu befolgen. Unzweckmäßige und dem Geschäft abträgliche Weisungen lösen beim Rechtsanwalt Warnpflichten aus. Bleibt der Klient trotz eindringlicher Mahnung bei seiner Weisung, so hat der Rechtsanwalt sie zu befolgen oder das Mandat zurückzulegen. Keinesfalls darf er jedoch die Weisung unbeachtet lassen und nach eigenem Ermessen vorgehen. Hat der Mandant keine konkreten Weisung erteilt, so kann der Rechtsanwalt in der Regel die zur Zweckerreichung notwendigen Handlungen nach eigenem Ermessen vornehmen. Nur für Handlungen, die den Mandanten entscheidend finanziell oder in seinen Rechten wesentlich oder endgültig treffen, hat der Rechtsanwalt jedenfalls Weisung einzuholen. Durch die Befolgung einer Weisung darf der Rechtsanwalt aber nicht Interessen anderen Mandanten gefährden. Am deutlichsten zeigt sich dies beim Rechtsanwalt als Vertragsverfasser oder Treuhänder, wenn er von beiden Vertragsparteien bestellt worden ist.

Schlußbetrachtung

Es sollte sich niemand scheuen an seinen Anwalt heranzutreten, wenn er einen Kunstfehler vermutet. Der Anwalt wird den Sachverhalt seiner Haftpflichtversicherung mitteilen, diese holt dann in der Regel ein Gutachten darüber ein, ob eine Haftung vorliegt oder nicht. Vor einem muß allerdings gewarnt werden: Wenn ein Prozeß verloren geht oder ein angestrebtes Ziel nicht zu erreichen ist, wird allein dadurch noch keine Haftung des Anwaltes ausgelöst, oft ist die Ursache des Mißerfolges einfach in der Schwäche der zu vertretenden Rechtsposition zu suchen.

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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