Aktuelles aus der Rechtssprechung
Einige recht interessante Entscheidungen der Höchstgerichte.
Kurz vor Drucklegung sind noch einige recht interessante Entscheidungen der Höchstgerichte veröffentlicht worden, deren Inhalt wir im Folgenden kurz darstellen.
Leibrentenvertrag
Auch bei Leibrentenverträgen kann die so genannte laeseo enormes (Verkürzung über die Hälfte) geltend gemacht werden, wenn man davon ausgehen muss, dass der Empfänger der Leibrente bis zu seinem Lebensende nicht einmal die Hälfte des Wertes seiner eigenen Leistung als Gegenleistung erhält.
Bürgschaft & Mietvertrag
Hat ein Bürge eine Bürgschaft aus einem Mietvertrag übernommen, so ist eine ordentliche Kündigung der Bürgschaft nicht vor Beendigung des Mietvertrages möglich.
Bauherren-Pflichten
Beschäftigt ein „Werkbesteller“ (Bauherr) mehrere Unternehmer, so ist er diesen gegenüber zur Koordinierung der zu erbringenden Leistungen verpflichtet. Diese Koordinierung (Zeitplan etc.) ist im Interesse des am Bau beschäftigten Unternehmers und unterscheidet sich damit rechtlich von der so genannten Bauleitung, welche allein im Interesse des Auftraggebers (Bauherrn) veranlasst wird. Der Unternehmer hat kein grundsätzliches Recht auf Bauaufsicht, wohl aber das Recht, dass das gemeinsame Arbeiten auf der Baustelle vom Bauherrn koordiniert wird. Kommt es zu Schäden oder Mängeln, dann bedeutet die Verletzung dieser Koordinierungspflicht ein Mitverschulden des Bauherrn.
Handwerker-Solidarhaftung
In Ausschreibungstexten und Allgemeinen Geschäftsbedingungen liest man immer wieder die Klausel, dass auf einer Baustelle beschäftigte Handwerker für Schäden, deren Verursacher nicht festgestellt werden können, anteilig haften. In diesen Fällen muss dem Handwerker die Möglichkeit eingeräumt werden den Beweis zu führen, dass er jedenfalls den Schaden nicht verursacht hat. Er muss dann aus der Haftung entlassen werden. Wird ihm diese Möglichkeit des Entlastungsbeweises nicht eingeräumt, dann ist die Klausel sittenwidrig.
Vergaberecht
Nicht firmenmäßig gezeichnete Anbote sind unverzüglich auszuscheiden. In den Anbotsbedingungen war die firmenmäßige Zeichnung gefordert gewesen. Eine Ges.m.b.H. hat ihr Anbot nur durch einen Geschäftsführer zeichnen lassen, obwohl ein zweiter mitunterschreiben hätte müssen. Das Anbot war nicht zu berücksichtigen.
Unterhalt & Bankschulden
Ein Unterhaltsschuldner bezieht Einkünfte aus der Vermietung einer Wohnung. Dies ist bei der Bemessung des Unterhalts natürlich anzurechnen. Wenn er jedoch die Wohnung kreditfinanziert hat, dann ist das, was er an Kreditraten zahlen muss, von diesem Einkommen abzuziehen. Diese meines Erachtens selbstverständliche Regelung wurde erst neuerdings vom Obersten Gerichtshof gutgeheißen.
Unverbindliche „Kostenschätzung“
Ein Bauunternehmer wurde nach den geschätzten Kosten eines Bauwerks gefragt. Er gab einen ca.-Preis von ATS 2.080.000,00 bis ATS 2.160.000,00 an. Die Schlussrechnung war aber um 40 % höher. Während der Bauzeit hatte der Baumeister dem Auftraggeber lediglich mitgeteilt, er könne die geschätzten Kosten nicht einhalten. Das Gericht sprach dem Bauunternehmer nur ATS 2.160.000,00 zu und wies das übrige Begehren ab. Sobald klar geworden sei, dass die geschätzten Kosten beträchtlich überstiegen würden, sei der Unternehmer verpflichtet gewesen, dies mitzuteilen. Die bloße Mitteilung, die geschätzten Kosten nicht einhalten zu können, reiche nicht aus, um einen Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten zu erwerben. Fazit: Bei einer unverbindlichen Kostenschätzung muss der Unternehmer im Falle einer Überschreitung möglichst genau angeben, wie viel diese ausmacht.
Rechtsanwalt/Warnpflicht
Wenn ein Rechtsanwalt mit jemanden eine Rechtssache bespricht, aber noch keinen konkreten Auftrag erhält, etwas zu unternehmen, trifft ihn dennoch eine sehr strenge Warnpflicht. So muss er zB darauf hinweisen, dass in der besprochenen Angelegenheit die Verjährung droht, ganz gleich, ob er mit der Verfolgung beauftragt wird oder nicht.
Allgemeine Geschäftsbedingungen
Im Geschäftsleben kommt es häufig vor, dass ein Vertragspartner nach Abschluss des Vertrages nachträglich noch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Grunde legen will und zwar zB dadurch, dass er auf einem nachträglich übersandten Lieferschein, Gegenschein oder einer Rechnung einen Vermerk oder Hinweis anbringt. Der Oberste Gerichtshof ist der Auffassung, dass solche Geschäftspapiere auch im Verkehr unter Kaufleuten nicht dazu bestimmt sind, Anbote auf Vertragsänderungen aufzunehmen. Die AGB werden somit in solchen Fällen auch dann nicht Vertragsinhalt, wenn der andere nach Zusendung dieser Geschäftspapiere schweigt.
Verschwiegenheitspflicht
Weigert sich eine Prozesspartei, einen Zeugen (zB Arzt) von seiner gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, so darf ein Gericht diese Weigerung nicht zum Gegenstand seiner Beweiswürdigung machen. Es darf also aus dieser Weigerung keine Schlüsse in die eine oder andere Richtung ziehen. Der OGH nimmt als Grund hiefür, dass der durch die Verschwiegenheitspflicht Geschützte auch nicht verpflichtet sei, die Motive für seine Weigerung bekannt zu geben. Aus diesem Grunde wäre das Gericht, wenn es die Weigerung in der einen oder anderen Richtung würdigt, immer nur auf Spekulationen angewiesen.