Das EU-Recht erlaubt es nationalen Unternehmern, eine „Limited“ in Großbritannien zu gründen. Aufgrund mehrfacher Klienten-Anfragen habe ich mich mit diesem Thema und der Frage, ob es sinnvoll ist, anstatt einer österreichischen GmbH eine englische Limited zu gründen, genauer befasst. Die durch eine englische Limited erzielten kurzfristigen Vorteile zahlen sich jedoch meines Erachtens langfristig nicht aus.
Grundlagen
Aufgrund mehrerer Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes in den Jahren 2002 und 2003 („Überseering BV“) können Unternehmer in allen EU-Staaten in Großbritannien eine „private company limited by shares“ (kurz Limited genannt) – eine britische Gesellschaft mit beschränkter Haftung – gründen und damit in ihrem eigenen Land tätig werden. In Österreich wird eine Zweigniederlassung gegründet und ins Firmenbuch eingetragen. Konsequenterweise hat der Oberste Gerichtshofes ist die Rechtsfähigkeit von solchen Gesellschaften in Österreich anerkannt.
Auf diese Gesellschaften ist aber das Recht jenes Staates anzuwenden, in welchem sie gegründet wurden. Für eine in England gegründete Limited mit Verwaltungssitz in Österreich gilt daher englisches Recht. Genau darin liegt meines Erachtens auch das große Problem, wie ich weiter unten noch genauer erläutern werde.
In Deutschland wurde nach vorgenannten Urteilen des EuGH ein regelrechter Gründerboom ausgelöst. Angeblich soll in Deutschland derzeit jede vierte neue Firma eine Limited nach britischem Muster sein. Eine solche Entwicklung ist in Österreich bisher ausgeblieben. Es gibt hierzulande derzeit wahrscheinlich ca. 500 Limiteds.
Die englische Limited im Überblick
Das englische Recht ist stark durch Richterrecht und Rechtstradition geprägt. Das Gesellschaftsrecht wird jedoch durch mehrere Gesetze bestimmt. Das wichtigste für die Limited ist der „Companies Act 1985“ und der „Company Directors Disqualifaction Ac 1986“. Der Insolvenzfall wird durch den „Insolvency Act 1986“ geregelt. Wie bereits erwähnt, gilt für diese englische GmbH auch bei Tätigkeit in Österreich ausschließlich „englisches Recht“.
Eine Neugründung ist auch von Österreich aus einfach und rasch möglich. Im Internet kann eine Gründung innerhalb von 24 Stunden durchgezogen werden. Eine Neugründung ist oftmals aber nicht erforderlich, da viele Gründungshelfer so genannte Vorratsgesellschaften auf Lager haben.
Für eine Neugründung müssen lediglich vier Dokumente beim zuständigen Gesellschaftsregister (Companies House in Cardiff) eingerichtet werden: Der Gesellschaftsvertrag (bestehend aus „memorandum“ und „articles of association“) sowie zwei Formblätter. Beim Gesellschaftsvertrag handelt es sich um eine Mustersatzung, die einerseits das Innenverhältnis als auch das Rechtsverhältnis mit Dritten regelt und eine Gründungsklausel beinhaltet. Es handelt sich daher um einen minimalen Standard-Vertrag ohne jede Anpassung auf spezielle Bedürfnisse.
Für die Gründung der Limited ist ein Gründungskapital von 1,00 GBP (ca. 1,50 EUR) ausreichend. Es kommt daher zu einer Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter ohne größeren Kapitalaufwand. Für die Gründung ist es nicht notwendig, wie bei der österreichischen GmbH, einen Notariatsakt abzuschließen, was sich wiederum in den geringen Gründungskosten niederschlägt. Die Gründungskosten belaufen sich daher je nach Gründungshelfer auf ca. € 300,00. Ergibt die Prüfung des Companies Houses (vergleichbar mit dem österreichischen Firmenbuch) keine Mängel, so wird das „certificate of incorporation“ aufgestellt. Dadurch ist die Gesellschaft rechtlich entstanden.
Organe der Gesellschaft und Rechnungslegung
Die englische Limited wird durch so genannte Direktoren (bei uns Geschäftsführer) nach außen vertreten. Jede Gesellschaft muss mindestens einen Direktor haben. Die Direktoren trifft u.a. die Pflicht, für die ordnungsgemäße Rechnungslegung, die im englischen Recht ebenfalls vorgeschrieben ist, zu sorgen. Innerhalb von zehn Monaten nach Ende des Geschäftsjahres sind diese Unterlagen einerseits den Gesellschaftern zu übersenden und andererseits den Unterlagen beim Companies House einzureichen. Weiters müssen die Direktoren ein so genanntes "annual return" an das Companies House errichten und verschiedene Formalitäten (Betriebsgegenstand, Name und Adresse des Sekretärs, Name, Adresse, Geburtsdatum der Direktoren etc.) bekannt geben.
Bei der Gründung ist eine zweite Person, nämlich ein so genannter Sekretär notwendig. Im österreichischen Recht gibt es keine vergleichbare derartige Funktion. Er könnte am ehesten mit dem Schriftführer bei einem Verein verglichen werden. Der Sekretär wird von den Direktoren ernannt und entlassen.
Die Rechnungslegungsvorschriften bei der Limited mit Verwaltungssitz in Österreich richten sich nach englischem Recht. Diese sind im Teil 7 des Companies Act 1985 vorgeschrieben. Auf eine nähere Erläuterung möchte ich hier verzichten. Die dafür notwendigen Unterlagen der Rechnungslegung sind aber auch beim österreichischen Firmenbuch einzureichen, nachdem sie bei der Hauptniederlassung geprüft und offen gelegt worden sind.
Im englischen Gesellschaftsrecht ist kein Aufsichtsrat vorgesehen.
Firmenbuch in England
Das im Vereinten Königsreich eingerichtete öffentliche Register heißt „Companies Registry“. Die sachliche Zuständigkeit liegt bei den einzelnen Gesellschaftsregisterämtern. Dieses Register kann auch unter www.companieshouse.gv.uk eingesehen werden. Dort sind Abfragen teilweise kostenpflichtig, ähnlich wie bei uns, möglich.
Kritische Betrachtung
Die englische Limited hat meines Erachtens unzweifelhaft zwei kurzfristige Vorteile: Die Gründungskosten sind sehr niedrig und auch das Stammkapital mit 1,00 GBP im Gegensatz zu 35.000,00 EUR in Österreich ist äußerst gering. Zeit- und Geldaufwand bei der Gründung sind minimal. Damit sind jedoch die Vorteile der englischen Limited erschöpft. Natürlich spreche ich nicht von jenen Gesellschaften, die durch eine Muttergesellschaft oder sonst zu Großbritannien in enger Beziehung stehen. Bei meiner kritischen Betrachtung gehe ich davon aus, dass eine derartige Beziehung nicht besteht und der Unternehmer die Tätigkeit ausschließlich in Österreich entfaltet.
Folgende Probleme entstehen bei der britischen Limited: Die hierzulande betriebenen Limiteds, die durch die so genannten Gründungshelfer geschaffen werden, basieren nur auf Standard-Verträgen. Darin ist nur das Allerwesentlichste zwischen den Gesellschaftern geregelt. Die Rechte und Pflichten der Gesellschafter und des Geschäftsführers richten sich aber nach englischem Gesellschaftsrecht, das bei Streitigkeiten herangezogen werden muss. Auch wenn aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung, die zusätzlich gemacht werden müsste, ein österreichisches Gericht zuständig wird, wäre englisches Recht anzuwenden. Die Kenntnis des englischen Rechtes ist hierzulande völlig ungenügend, um bei wichtigen Fragen, die sich in Zukunft stellen können (Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft, Kündigung eines Gesellschafters, Abfindung eines Gesellschafters, Verkauf eines Gesellschaftsanteiles etc.), ausreichende Regelungen treffen zu können. Ein maßgeschneiderter Vertrag unter Berücksichtigung des englischen Rechtes zu errichten, wäre sehr aufwändig und würde die ersparten Gründungskosten wieder „aufbrauchen“. Die Rechtsunsicherheit ist daher groß, die Probleme sind nicht absehbar.
Vorteile aus steuerlicher Sicht gibt es für die Limited in Österreich nicht. Die Besteuerung für die Tätigkeit im Inland erfolgt wie bei einer herkömmlichen österreichischen GmbH. Auch die Mindestkörperschaftssteuer ist zu bezahlen. Die zwingenden öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des österreichischen Rechtes hinsichtlich der Haftung des Geschäftsführers für Steuern und Sozialversicherungsrückstände können mir einer solchen Gesellschaft auch nicht umgangen werden.
Im Übrigen sind die englischen Buchführungs- und Offenlegungspflichten nicht zu unterschätzen.
Das alles macht die Limited meines Erachtens zu einer unsicheren Rechtsform, die in den meisten Fällen für den österreichischen Unternehmer absolut nicht empfehlenswert ist.