"Feriendorf" soll Unterkunft für Flüchtlinge werden. Gemeindechef stellt sich quer.
Bartholomäberg. "Da will man Gutes tun. Dann passiert so etwas". Peter Wachter ist sichtlich genervt. Mindestens 30 unbegleitete minderjährige Flüchtlingskinder – sogenannte UMF- könnten bereits in den sechs Holzhäusern wohnen, gäbe es da nicht für Prügel, die dem 59-jährigen Eigentümer vor die Füße geworfen werden. Die Idee, sein „Feriendorf“ in Bartholomäberg-Außerböden in Flüchtlingsunterkünfte zu transformieren, hatte Wachter im November 2014. Über die Medien hat er erfahren, dass die Caritas aufgrund der Quotenregelung Wohnmöglichkeiten im ganzen Land sucht. Seine Familie sei sich sofort einig gewesen, das „Feriendorf“ künftig jungen Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen.
Anfang Dezember besichtigte ein Mitarbeiter der Caritas das Objekt. „Er sagte, die Caritas suche genau so etwas für UMF“, berichtet Wachter. Wegen des Preises – 10.000 Euro pro Monat für alle sechs Häuser – müsse die Caritas mit dem Land Rücksprache halten.
Kurze Zeit später sei Wachter von jenem Caritas-Mitarbeiter die Zusage des Landes mitgeteilt worden: Doch dann hieß es auf einmal, das Land habe abgesagt. Aufgrund eines Widmungsproblemes dürfe die Caritas die Objekte vorerst nicht anmieten. Daraufhin bat Wachter Landesrat Erich Schwärzler in ein Mail um eine Erklärung, „warum das Land Vorarlberg nun eine Anmietung ablehnt“. Schwärzler habe ihm geantwortet, er werde sich das Objekt zuerst anschauen. „Er kam und befand es für gut“, sagt Wachter. Allerdings habe der Landesrat klargestellt, dass die Caritas noch mit der Gemeinde – Bürgermeister Martin Vallaster – reden müsse.
Antrag und Bauverhandlung
Wochenlang passierte nichts. Am 23. März wurde endlich eine Sitzung mit Vallaster, Martin Fellacher (Leiter der Caritas Flüchtlingshilfe), einer Mitarbeiterin von Schwärzler und Wachter abgehalten. Dort habe Wachter erfahren, „dass ich bei der Gemeinde eine Nutzungsänderung für das „Feriendorf“ beantragen muss“. Eingetragen ist das Objekt als Bauwohngebiet mit Zusatzwidmung Ferienwohnung („BW-FA“). Vallaster habe gesagt, wenn der Antrag eingelangt sei, werde er ihn im (noch nicht existierenden) Gremium behandeln. Danach müsse es eine Bauverhandlung mit allen Nachbarn geben.
Das war Wachter zu viel. Er involvierte
Rechtsanwalt Patrick Piccolruaz. Am 1. April verdeutlichte Piccolruaz schriftlich, dass laut Raumplanungsbehörde des Landes und Abteilung Wirtschaft und Umweltschutz der BH Bludenz, „weder ein Antrag noch eine Anzeige an die Baubehörde zu erfolgen hat, da keine Verwendungsänderung vorliegt“. Sollte der Bürgermeister der Gemeinde Bartholomäberg als Baubehörde 1. Instanz „diese eindeutige Rechtslage anders auslegen, so wird zu prüfen sein, ob das missbräuchlich erfolgt und aus welchen Motiven das geschieht.“ Daraufhin schickte der Bürgermeister den Anwalt der Gemeinde, Adolf Concin, an die Front. Concin ließ Piccolruaz in einem Mail vom 1. April wissen, dass die Gemeinde Bartholomäberg einen anderen Standpunkt vertrete – „zumindest ist gemeinsam eine abschließende Beurteilung in rechtlicher Hinsicht sowohl was die Widmung, die baurechtliche Verwendung als auch die gewerbliche Nutzung betrifft, herbeizuführen.“
Der Status quo: Die Caritas braucht das „Feriendorf“ für junge Flüchtlinge. Schwärzler gibt kein grünes Licht, weil sich der Gemeindechef querstellt. Könnte es darum gehen, dass etwa Touristen beliebter sind als Flüchtlinge? Zu den VN sagt Vallaster, er spreche sich grundsätzlich nicht gegen Flüchtlinge aus. Das Projekt „muss aber rechtlich geprüft werden. Dann gehen wir den nächsten Schritt: eine Bürgerinformation.“ Auf die Frage, ob er persönliche Animositäten zwischen ihm und Wachter eine Rolle spielen, antwortet Vallaster: „Es geht um die Sache, nicht um die Person Wachter.“
Nachbarn informiert
Die Nachbarn des „Feriendorfs“ sind vom Eigentümer bereits über dessen Plan informiert worden: „Die Reaktionen waren unterschiedlich. Von „ist mir wurscht“ bis „sehr positiv“. Eine ältere Witwe – sie wohnt im Haus nebenan – sei etwas skeptisch. „Aber sie akzeptiert es.“
LR Erich Schwärzler: „Man hat sich geeinigt“
Bludenz. Am Freitag trafen sich die Beteiligten in der BH Bludenz zu einem Gespräch. Landesrat Erich Schwärzler zufolge habe „man sich geeinigt“. „Feriendorf“-Eigentümer Wachter werde der Gemeinde Antrag und Sachverhaltsdarstellung senden. „Da muss angegeben sein, was geplant ist, wir vorgegangen wird, welche Gebäude vermietet und wie viele Personen einziehen werden“, verdeutlicht Schwärzler. Die Gemeinde leite das dann an die BH Bludenz „zur rechtlichen Abklärung“ weiter.
VN, Samstag/Sonntag, 18./19. April 2015
Artikel downloaden: Flüchtlingskinder müssen warten_1549kb.pdf