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Gerichte stärken die Aktionäre

An sich sollte man annehmen, dass die Kompetenzen der Gesellschafterorgane im Aktienrecht hinreichend präzisiert sind: Der Vorstand ist berechtigt, die Geschäfte zu führen. Der Aufsichtsrat überwacht, bei wichtigen Maßnahmen braucht es seine Zustimmung. Die Hauptversammlung als Gremium der Eigentümer (Aktionäre) hat nur eingeschränkte Rechte. Jene Fälle, in denen ihre Zustimmung erforderlich ist, sind im Gesetz beziehungsweise in der Satzung genau festgelegt - glaubt man!

Das deutsche Höchstgericht hat die Rechte der Aktionäre ausgedehnt. Im sogenannten Holzmüller-Urteil, das in den 80er-Jahren erging, vertraten die Richter die Auffassung, dass in grundlegenden Dingen, welche die „Gesamtcharakteristik“ des Unternehmens verändern, die Zustimmung der Hauptversammlung eingeholt werden müsse - auch, wenn weder die Satzung noch das Gesetz dies vorsehen. Im konkreten Fall hatte der Vorstand eines Seehafens den wertvollsten Betrieb der Aktiengesellschaft in eine Tochtergesellschaft ausgegliedert.

So vernünftig das Urteil der Höchstrichter in diesem Fall gewesen sein mag, hat es doch eine erhebliche Rechtsunsicherheit bewirkt: Wenn eine wichtige unternehmerische Maßnahme nicht erfolgreich ist und keine Zustimmung der Hauptversammlung eingeholt wurde, muss der Vorstand nämlich Haftungen befürchten. Die Richter haben allerdings auch klargestellt, dass die „fehlende“ Zustimmung der Hauptversammlung die Geschäfte nicht ungültig macht.

Schwierige Grenzziehung

Die deutschen Richter haben zwar betont, dass eine solche außerordentliche Zuständigkeit der Hauptversammlung die Ausnahme bleiben müsse, verbindliche Kriterien haben sie aber keine aufgestellt. Ihre Argumentation in den Urteilen lässt erkennen, dass der überwiegende Teil des Gesellschaftsvermögens (ca. 80 Prozent) von einem solchen genehmigungswürdigen Vorgang erfasst sein müssten. An den österreichischen Gerichten geht die Tendenz in dieselbe Richtung. Für einen Vorstand bedeutet dies, dass er die Hauptversammlung lieber einmal zu viel als zu wenig befragen sollte, um Haftungen zu vermeiden.

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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