Die Haftung bei Arbeitsunfällen ist in Österreich kompliziert und enthält vor allem eine Lücke, die weitgehend unbekannt ist.
Wird jemand verletzt, so kann er von seinem Arbeitgeber keinen Schadenersatz verlangen. Als Vertreter seines Chefs gilt der so genannte „Aufseher im Betrieb“. Das ist der, der die Arbeitsgruppe geleitet hat. Der Verletzte erhält zwar Leistungen von den Sozialversicherungsträgern, in einem solchen Fall aber keinerlei Schmerzensgeld. Die Freistellung des Arbeitgebers von Haftungen wird damit begründet, dass er Einzahlungen an die Sozialversicherungsträger leiste, so Rentenansprüche etc. mitfinanziere.
Kaum bekannt ist aber, dass ein ganz normaler Arbeitnehmer ersatzpflichtig werden kann, wenn er fahrlässig einen gleichgestellten Kollegen schädigt. So ist z.B. ein Rechtsstreit anhängig, weil ein Stapelfahrer einem Kollegen über den Fuß gefahren war. Ein Betriebs-Skiausflug z.B. gilt als „Arbeit“, bei einem Zusammenstoß könnte die Haftung wie bei einem Arbeitsunfall vorliegen.
Interessanterweise gibt es keine Versicherung gegen solche Ansprüche. Unseres Wissens bietet aber die Mitgliedschaft beim Gewerkschaftsbund bis zu einer gewissen Höhe Schutz. Offen ist noch die Frage, ob Sozialversicherungsträger, die z.B. eine Rente aus einem Arbeitsunfall bezahlen, von einem „gleichrangigen“ Kollegen, der den Unfall verschuldet hat, Regress verlangt. Hier kommen eher soziale denn juristische Aspekte zum Zuge. Es muss schon grobe Fahrlässigkeit vorliegen, damit jemand in Anspruch genommen wird.
RA Mag. Patrick Piccolruaz, 6700 Bludenz
Anzeiger, 18.07.2008