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Das Vergaberecht – die Fristenfalle

Die EU hat das öffentliche Beschaffungswesen mit Richtlinie geregelt. Bieter sollten nicht mehr gegenüber regional Ansässigen benachteiligt werden. Dies eröffnet die Chance, in verschlossene Märkte einzudringen. Zugleich wollte man die Kosten für öffentliche Aufträge senken. In der EU werden jährlich mehr als 100 Mrd. € an solchen Aufträgen vergeben; in Österreich ca. € 35 Mrd.

Seit 1. Jänner 2003 gilt in Österreich ein einheitliches Vergabegesetz. Es ist strenger als die EU-Richtlinie. Insbesondere fallen alle öffentlichen Aufträge darunter, während die EU Wertgrenzen vorsieht. Und was oft übersehen wird: Es besteht durchaus die (allerdings begrenzte) Möglichkeit zur Begünstigung lokaler Firmen.

Die Fristenfalle
Das Verfahren wird streng gehandhabt; schon kleine Formfehler führen zu Auftragsverlust. Es besteht aus einem komplizierten System von Abschnitten und Fristen. Die Fristen sind kurz und zwingen zu schnellem Handeln. So muss etwa die Bekämpfung eines Ausschreibungstextes noch vor dem Abgabetermin erfolgen. Diese terminliche Straffung ist notwendig, damit keine Verzögerung bei der Auftragsvergabe entsteht.

Fehler im Angebot
Ein weiterer Fallstrick sind nicht ausgefüllte Bieterlücken. Zwar sind Alternativanbote erlaubt, es muss aber in jedem Fall das Ausgeschriebene angeboten werden. Wer über ein Anbot Aufklärung verlangt, sollte dies schriftlich verlangen. Auf telefonische Auskünfte kann man sich später nicht berufen. Bieter können in die Niederschrift der Überprüfung Einsicht nehmen und schriftliche Auskunft darüber verlangen, warum ein anderer den Zuschlag erhalten hat.

Stillhaltefrist
Wesentlich ist auch, dass nur innerhalb kurzer Zeit die Möglichkeit besteht, die Vergabe zu verhindern. Diesen Zeitraum nennt man die Stillhaltefrist. Sie beträgt in der Regel 14 Tage, ab der Mitteilung, an wen die Vergabe erfolgen soll. Die Verfahren finden vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Bregenz (bzw. Bundesvergabeamt Wien) statt. An Gebühren fallen ca. bis zu € 4.000,00 an. Ein Anwalt ist gesondert zu honorieren. Es ist zu empfehlen, dass sich im Betrieb mindestens ein Mitarbeiter mit dem Vergaberecht vertraut macht. Es wird sich im Einzelfall dennoch nicht vermeiden lassen, rechtskundigen Rat einzuholen.

Die Scheu, sich gegen Verstöße zu wehren, war anfänglich groß. Firmen fürchteten, später benachteiligt zu werden. Da aber nunmehr alle Aufträge formgerecht ausgeschrieben werden müssen, hat sich dies schnell gelegt. Die Kontrolle wird andererseits von der öffentlichen Hand als selbstverständlicher Teil der Vergabe gesehen.

Dr. Stefan Müller, Rechtsanwalt, Bludenz

Die Wirtschaft, 05.03.2004

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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6700 Bludenz
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