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Klettern auf eigene Gefahr

OHG-Judikatur
Eine neue OGH-Entscheidung entschärft teilweise die strenge Haftung des Grundeigentümers.

Der Sachverhalt:
Gegenstand des Rechtsstreites war der Unfall eines Kletterers an der „Mitzi-Langer-Wand“. Diese Kletterwand wurde seit vielen Jahrzehnten von Kletterern benützt. Im Laufe der Zeit wurden von verschiedenen Kletterern Haken angebracht und so entstanden mehrere Aufstiegsrouten. Der Klettergarten wurde weder vom Grundeigentümer noch vom Alpenverein betreut. Die Grundeigentümerin hat daraus keinen Nutzen gezogen, sie hat aber auch keinerlei Hinweis- oder Verbotstafeln angebracht. In Fachbüchern wurde dieser Klettergarten angeführt. Im Juni 2002 stürzte ein mittelmäßig erfahrener Kletterer beim Abseilen ca. 10 m ab, da ein Bohrhaken durch die Belastung aus der Wand ausgerissen war. Er wurde schwer verletzt.

Die Entscheidung
Alle Instanzen und auch der Oberste Gerichtshof haben eine Klage auf Schadenersatz (Schmerzensgeld) des verletzten Kletterers gegen die Grundeigentümerin abgewiesen. Die Frage, ob die Grundeigentümerin berechtigt gewesen wäre, das Beklettern zu unterbinden, wurde von den Gerichten eindeutig verneint. Gemäß einer Bestimmung im Forstgesetz darf nämlich jeder den Wald zu Erholungszwecken betreten. (Nicht davon umfasst sind Tätigkeiten wie zelten, befahren oder reiten. Das Abfahren mit Schiern im Wald ist nur auf markierten Pisten oder Schirouten gestattet.) Aus dieser Regelung im Forstgesetz wird abgeleitet, dass die Ausübung des Klettersportes unter die „Betretungsfreiheit“ im Sinne des Forstgesetzes fällt und sohin vom Grundeigentümer geduldet werden muss. Die Tätigkeit des Kletterns unterscheide sich nicht wesentlich vom Gehen und vom Laufen. Es sei daher zulässig, Kletterrouten einzurichten und Bohrhaken zu setzen, da dadurch die Nutzung des Waldes nicht beeinträchtigt würde. Da die Grundeigentümerin den Klettergarten selbst nicht bewarb, daraus keinerlei Nutzen zog und gemäß Forstgesetz gar nicht berechtigt gewesen wäre, dies zu untersagen, hafte sie auch nicht für einen mangelhaften Zustand der Kletterrouten. Der verletzte Kläger erhielt keinen Schadenersatz.

Schlussfolgerung
Solange der Grundeigentümer aus der Klettertätigkeit keinen Nutzen zieht, den Klettergarten nicht besonders anpreist, haftet er nicht für allfällige Unfallschäden. Die Kletterer üben ihren Sport auf eigene Gefahr aus. Diese Entscheidung ist umso bemerkenswerter, als sie der relativ ausführlichen und strengen Judikatur der Haftung des Grundstückseigentümers etwas entgegensteuert.

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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6700 Bludenz
Vorarlberg, Österreich

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