Wird ein Lichtbild ohne Zustimmung des Berechtigten in eine Facebook-Gruppe hochgeladen, so liegt ein Eingriff in das Zurverfügungstellungsrecht nach § 18a UrhG vor, außer es handelt sich um eine private Gruppe. Von einer solchen kann nur dann gesprochen werden, wenn ein persönliches Verbindungsmerkmal zwischen den Gruppenmitgliedern im Sinn eines besonderen Interesses oder eines besonderen Zwecks von vornherein vorgegeben ist, nur bei Vorliegen dieses Merkmals die Aufnahme in die Gruppe durch einen Gruppenadministrator erfolgt und die Teilnahme nur solange möglich ist, solange das verbindende Merkmal besteht. Außerdem darf eine bestimmte Höchstzahl an Gruppenmitgliedern nicht überschritten werden.
Die Klägerin ist Inhaberin der Verwertungsrechte am gegenständlichen (von einem Berufsfotografen hergestellten) Lichtbild, das den Pressesprecher eines Politikers zeigt. Der Beklagte hat dieses Lichtbild in zumindest eine „geschlossene“ Facebook-Gruppe hochgeladen, an der er teilnimmt. Er speichert aus politischem Interesse gelegentlich Screenshots von ihm relevant erscheinenden Internetseiten auf seinem Computer ab, die er in der Folge manchmal privat weitergibt und in Facebook-Gruppen hochlädt. Die Inhalte in solchen Gruppen können nicht öffentlich abgerufen oder eingesehen werden. Wie viele Personen in den vom Beklagten frequentierten Facebook-Gruppen Mitglieder sind, war für das Erstgericht nicht feststellbar.
Die Klägerin begehrte, dem Beklagten zu verbieten, das gegenständliche Lichtbild zu vervielfältigen und/oder der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Zudem begehrte sie die Urteilsveröffentlichung und die Zahlung von angemessenem Entgelt und Schadenersatz in Höhe von 600 EUR sA.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Die nichtkommerzielle Zurverfügungstellung von Lichtbildern in einer geschlossenen Facebook-Gruppe greife in das Zurverfügungstellungsrecht des Urhebers gemäß § 18a UrhG nicht ein, sondern sei eine Vervielfältigung zum privaten Gebrauch gemäß § 42 Abs 4 UrhG.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge und hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf. Dazu führte das Höchstgerichts aus:
Nach dem Sachverhalt hat der Beklagte das Lichtbild(-Werk) in zumindest eine Facebook-Gruppe hochgeladen und dadurch anderen Facebook-Nutzern zugänglich gemacht. Darin kann ein Eingriff in das Zurverfügungstellungsrecht gemäß § 18a UrhG liegen. Wer unbefugt Lichtbilder in einen Internetauftritt zum interaktiven Abruf eingliedert, verstößt dann gegen dieses Verwertungsrecht, wenn die Lichtbilder dadurch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Das „öffentliche Zugänglichmachen“ setzt sich nach der Rechtsprechung aus zwei Tatbestandsmerkmalen zusammen, nämlich einerseits aus der „Handlung des Zugänglichmachens“ und andererseits aus dem Element „öffentlich“. Die Handlung des „Zugänglichmachens“ liegt vor, wenn eine zuvor auf einer anderen Website veröffentlichte Fotografie auf eine Website eingestellt wird, nachdem sie zuvor auf einen privaten Server kopiert worden war. Durch ein solches Einstellen auf eine (andere) Website wird den Besuchern dieser Website nämlich der Zugang zum betreffenden Lichtbild auf dieser Website ermöglicht.
Zum Element der „Öffentlichkeit“ hat der EuGH wiederholt ausgesprochen, dass dieses begrifflich eine unbestimmte Zahl potentieller Adressaten bedeutet und zudem aus einer ziemlich großen Zahl von Personen bestehen muss. Zur unbestimmten Zahl potentieller Adressaten judiziert der EuGH, dass es um das Zugänglichmachen eines Werks in geeigneter Weise „für Personen allgemein“, also „nicht auf besondere Personen beschränkt“, die einer privaten Gruppe angehören, geht. Mit der Formulierung „ziemlich große Zahl“ von Personen wird eine bestimmte Mindestschwelle eingezogen. Eine konkrete Zahl nennt der EuGH jedoch nicht; zudem nennt der EuGH das Kriterium, dass der Beklagte nicht in Gewinnerzielungsabsicht handeln darf. Nach diesen Beurteilungskriterien kann ein öffentliches Zugänglichmachen somit nur dann verneint werden, wenn sich das Zugänglichmachen entweder auf besondere Personen beschränkt, die durch eine persönliche Beziehung miteinander verbunden sind und daher einer privaten Gruppe angehören, oder wenn die im Einzelfall zu bestimmende Mindestschwelle nach der Größe der Gruppe (Anzahl der Mitglieder) nicht überschritten ist.
Zusammenfassend kann von einer privaten Facebook-Gruppe nur dann gesprochen werden, wenn ein persönliches Verbindungsmerkmal zwischen den Gruppenmitgliedern im Sinn eines besonderen Interesses oder eines besonderen Zwecks von vornherein vorgegeben ist, nur bei Vorliegen dieses Merkmals die Aufnahme in die Gruppe durch einen Gruppenadministrator erfolgt und die Teilnahme nur solange möglich ist, solange das verbindende Merkmal besteht. Außerdem darf eine – nach dem Gruppenzweck zu beurteilende – bestimmte Höchstzahl an Gruppenmitgliedern nicht überschritten werden. Es kommt somit auf das von vornherein festgelegte gemeinsame Interesse bzw den Gruppenzweck, die Beitrittsvoraussetzungen und Beitrittsmodalitäten, die Zusammensetzung der Gruppe und deren Mitgliederzahl an.
Die Negativfeststellung des Erstgerichts, es sei nicht feststellbar, wie viele Personen in den vom Beklagten frequentierten Gruppen Mitglieder seien, wurde von der Klägerin in der Berufung im Weg der Mängelrüge bekämpft. Das Berufungsgericht hat diesen Verfahrensmangel zu Unrecht als irrelevant qualifiziert und daher ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht verneint; der Mangel ist daher beachtlich. Da Feststellungen zu den beschriebenen Gruppenkriterien fehlen, müssen die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben werden.
OGH | 4 Ob 89/20x
(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung)