Die Zinsen aus der Anlegung der gerichtlich hinterlegten Enteignungsentschädigung gebühren dem Enteigneten, nicht dem Erleger, zu dessen Vorteil enteignet wurde.
Nach der Enteignung von Grundstücken für den Straßenbau hinterlegte das klagende Bundesland die im Enteignungsbescheid festgesetzte Entschädigungssumme bei Gericht. Diese wurde fruchtbringend angelegt, sodass während des zehnjährigen Verfahrens zur endgültigen Klärung der zwischen dem klagenden Land und dem beklagten Enteigneten strittigen Höhe der ihm gebührenden Entschädigung ein erheblicher Zinsenbetrag anfiel. Nach Beendigung des Verfahrens erhielt der Beklagte nicht nur die letztlich festgesetzte Entschädigungssumme, sondern auch die Zinsen der fruchtbringenden Anlegung ausgefolgt.
Das Bundesland verlangte diese Zinsen klageweise zurück, sie stünden ihm als Erleger der Enteignungsentschädigung zu. Der Beklagte vertrat den gegenteiligen Standpunkt.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht wies sie ab, weil die Hinterlegung des Entschädigungsbetrags im Interesse des Bundeslandes lag, das damit die enteigneten Grundstücke verwenden konnte, ohne den Ausgang des Verfahrens über die Höhe der Entschädigung abwarten zu müssen. Der Beklagte hätte die Ausfolgung des hinterlegten Betrags schon früher erreichen und das Geld zu seinen Gunsten anlegen können. Die Zinsen der Anlegung gebührten daher ihm.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts.
Zinsen teilen als Nebenforderung im Sinn des § 912 ABGB regelmäßig das Schicksal der Hauptforderung. Hat der Beklagte Anspruch auf Ausfolgung der für ihn hinterlegten Enteignungsentschädigung, so gebühren ihm auch die Zinsen aus der fruchtbringenden Anlegung des hinterlegten Betrags. Auch die Regelung im Enteignungsverfahren, dass die Hinterlegung der an sich noch der Höhe nach strittigen Entschädigung den Vollzug der Enteignung nicht aufhält und die hinterlegte Entschädigung schon vor deren endgültiger Festsetzung an den Enteigneten ausgefolgt werden kann, sodass er selbst das Geld verwenden, etwa auch fruchtbringend anlegen kann, spricht für die Zuweisung der Zinsen der Anlegung an den Enteigneten.
OGH | 4 Ob 91/17m
(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung)