Der Grundeigentümer kann den Zeitpunkt des Rückschnitts des Überhangs selbst wählen und ist nicht verpflichtet, für einen regelmäßigen Rückschnitt zu sorgen.
Die Streitteile sind Grundstücksnachbarn. Der Kläger hatte auf seinem Grund an der Grenze zum Grundstück des Beklagten eine Thujenhecke gepflanzt. Sie wurde jahrelang nicht geschnitten und dehnte sich auf das Grundstück des Beklagten aus, bis im Jahr 2012 zwei Drittel der Hecke von Leuten des Klägers auf der Seite des Beklagten – nicht sachgerecht – zurückgeschnitten wurden. Im Jahr 2013 schnitt der Beklagte selbst das restliche Drittel der Hecke – ebenfalls nicht sachgerecht (mit einer Motorsäge) – bis zur Grundgrenze zurück.
Der Kläger begehrte, den Beklagten schuldig zu erkennen, jede nicht fachgerechte Behandlung und Kürzung der Thujenhecke zu unterlassen und dem Kläger Schadenersatz von rund 5.000 EUR zu zahlen.
Der Beklagte wendete ein, ein Zurückschneiden der Hecke an der Grundgrenze wäre nicht mehr anders als durch Schneiden bis ins „laublose“ Holz möglich gewesen.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Die Interessen des Klägers seien nicht beeinträchtigt, da er selbst einen Großteil der Hecke in vergleichbarer Weise geschnitten habe.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge. Der zum Rückschnitt des Überhangs berechtigte Grundeigentümer ist nicht verpflichtet, für einen regelmäßigen Rückschnitt des Überhangs zu sorgen. Er kann den Zeitpunkt, in dem er sein Selbsthilferecht ausüben möchte, grundsätzlich selbst wählen und sein Recht erlischt nicht schon dadurch, dass er es für längere Zeit nicht ausübt. Wird durch das Entfernen des Überhangs keine Gefahrenlage geschaffen, ist ein einmaliger Rückschnitt bis zur Grundgrenze auch dann zulässig, wenn ein fachgerechtes (lauberhaltendes) Rückschneiden nur in kleinen Schritten über mehrere Jahre möglich (gewesen) wäre. Anders wäre dies nur, wenn der Rückschnitt bis zur Grenze aus anderen Gründen geradezu als Rechtsmissbrauch anzusehen wäre.
OGH | 4 Ob 41/16g
(obiger Text teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Kurzfassung)