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12. Feb. 2018

Wohnungseigentum: Beschlussfassung kann nicht von Außenstehenden eingeleitet werden

Das von einem Dritten dennoch eingeleitete Beschlussverfahren ist mit einem Formfehler behaftet, der nur dann unbeachtlich ist, wenn sich alle Wohnungseigentümer an der Abstimmung beteiligt haben und auch keiner dem Abstimmungsvorgang widersprochen hat.

Wer zur Einleitung einer Beschlussfassung im Wohnungseigentum berechtigt ist, regelt das WEG 2002 nicht. Einem außenstehenden Dritten, der weder Verwalter noch Mit‑ oder Wohnungseigentümer ist, kommt keine Rechtszuständigkeit in Verwaltungsangelegenheiten zu; er ist daher auch nicht legitimiert ein Beschlussverfahren (hier: Umlaufbeschluss) über Verwaltungsangelegenheiten in Gang zu setzen. Das von einem Dritten dennoch eingeleitete Beschlussverfahren ist mit einem Formfehler behaftet, der nur dann unbeachtlich ist, wenn sich alle Wohnungseigentümer an der Abstimmung beteiligt haben und auch keiner dem Abstimmungsvorgang widersprochen hat (OGH 23. 10. 2012, 5 Ob 149/12s).

Ein seit ca 20 Jahren im Wohnungseigentumsobjekt tätiger Hausbesorger, der jedoch nicht Mit‑ oder Wohnungseigentümer war, strebte eine berufliche Veränderung und infolgedessen eine einvernehmliche Beendigung seines Arbeitsverhältnisses an, um Abfertigungsansprüche gegenüber der Eigentümergemeinschaft nicht zu verlieren. Aus diesem Grund leitete er unter eindeutiger Klarstellung seiner Person als Initiator eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer im Umlaufweg ein mit dem Ziel, die Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer zur einvernehmlichen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zu erlangen. Dafür erlangte er eine knappe Abstimmungsmehrheit; dass sich alle Mit‑ oder Wohnungseigentümer an der Abstimmung wirksam beteiligt hatten, war aber nicht erwiesen.

Der OGH erachtete den Umlaufbeschluss aus den eingangs dargestellten Gründen für rechtsunwirksam und führte ergänzend aus:

Schon der Umstand, dass sich ein Dritter in Verwaltungsangelegenheiten einmengt, indem er an die Wohnungseigentümer mit dem Vorhaben herantritt, einen (in seinem Interesse) gelegenen Mehrheitsbeschluss zu erwirken, ist grundsätzlich geeignet, eine Unsicherheit bei den Wohnungseigentümern dahin zu erzeugen, ob sie sich an der Willensbildung überhaupt beteiligen müssen.

Zu denken ist dabei etwa an Leistungsangebote von Professionisten, die an die Wohnungseigentümer schriftlich herantreten und um Zustimmung zu einem Anbot werben. Insofern liegt es auf der Hand, dass die fehlende Legitimation des Dritten grundsätzlich geeignet ist, einen Einfluss auf die Willensbildung der Wohnungseigentümer zu bewirken. Über die fehlende Legitimation des die Eigentümerversammlung Einberufenden könnte daher nur dann hinweggesehen werden, wenn sämtliche Miteigentümer bei der Eigentümerversammlung anwesend waren und keiner sich gegen die Beschlussfassung ausgesprochen hat.

Für Beschlussfassungen im Umlaufweg über Initiative eines außenstehenden Dritten ist zu fordern, dass feststehen muss, dass sich alle Miteigentümer an der Abstimmung beteiligt haben und kein Wohnungseigentümer dem Abstimmungsvorgang widersprochen hat

.OGH 5 Ob 149/12s

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Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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