suchen

24. Feb. 2012

Wann ist ein Problem-Mieter kündbar?

Eigenmächtig, aggressiv. Der Oberste Gerichtshof korrigiert die Entscheidungen zweier Instanzen, mit denen ein geradezu unerträglicher Wohnungsmieter gegen eine Kündigung durch den Vermieter geschützt wurde.

Man kann es mit dem Mieterschutz auch übertreiben. Etwa indem man einem Hausbewohner durchgehen lässt, dass er im Pfusch und unsachgemäß das Bad umbauen lässt, sodass Wasserschäden im Haus auftreten, und dass er gegenüber Mitbewohnern ausfällig wird. Genau das war bei einem Mieter in einem Wiener Wohnhaus der Fall, und weder das Bezirksgericht Innere Stadt noch das Landesgericht für Zivilrechtssachen fanden etwas dabei, dem Vermieter die Kündigung des seltsamen Bewohners zu untersagen. Erst der Oberste Gerichtshof korrigierte die Unterinstanzen und billigte die Kündigung unter anderem aus dem Grund des „erheblich nachteiligen Gebrauchs“ des Mietgegenstands: „Auch wenn das Vorliegen des in Rede stehenden Kündigungsgrundes typisch von den Umständen des Einzelfalles abhängt, lassen sich die Wertungen der Vorinstanzen zur Wahrung der Rechtseinheit nicht aufrechterhalten“, heißt es im Urteil des Obersten Gerichtshofs (8 Ob 137/10w).

Kein Plan, keine Bewilligung

Jahre nachdem der Mann sich in dem Haus eingemietet hatte, entschloss er sich, ein neues Badezimmer zu bauen. Weil er keinen Plan und keine behördliche Bewilligung für die größeren Umbauten herzeigen konnte, untersagte der Vermieter ihm die Aktion. Und schon rückten Bekannte an, die – wie es so schön hieß – „rohbaumäßig“ den gewünschten Nassraum ins Gebäude zimmerten.Bei der Gelegenheit wurde auch das Waschbecken in der Küche versetzt und der neu betonierte Boden im Stiegenhaus aufgerissen: Ein stärkeres Abflussrohr musste für das neue Bad verlegt werden – dass der Nachbar dadurch seine Wohnungstür nicht mehr öffnen konnte, war nur einer der unangenehmen Nebeneffekte der regen, mitunter auch mitternächtlichen Bautätigkeit. Ein anderer: Wasserschäden in der Wohnung im Stock darunter, und das noch bevor das Bad so richtig in Betrieb genommen wurde. Als sich eine Nachbarin über den Lärm beschwerte, beschimpfte der Mieter die Frau und packte sie mit einer Hand am Hals.

Das Bezirksgericht hielt diese Attacke zwar für schwerwiegend; weil der Mieter aber schon seit vielen Jahren im Haus wohnte, sei die Schwelle zum Kündigungsgrund noch nicht überschritten – auch nicht durch die eigenmächtigen Bauarbeiten. Das Landesgericht bestätigte diese Entscheidung, wobei es noch den originellen Gedanken einbrachte, dass die Substanz des Hauses noch nicht gefährdet sei, weil das Bad ja ohnehin noch nicht verwendet werde.

Drohende Schädigung genügt

Für den OGH ist „die Beurteilung der Vorinstanzen zur Verwirklichung der geltend gemachten Kündigungsgründe“ – neben dem erheblich nachteiligen Gebrauch auch das unleidliche Verhalten – „korrekturbedürftig“. Sollte das Bad künftig benützt werden, so seien weitere Wassereintritte und dadurch bedingte Schäden am Haus konkret zu befürchten; schon die drohende Substanzverletzung kann also durchaus als erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstands gesehen werden. Auch der vom Mieter herbeigeführte rechtswidrige Zustand im Stiegenhaus, den der Vermieter beseitigen musste, sei zu berücksichtigen. Und: „Die Beschwerde der vom Beklagten attackierten Hausbewohnerin, deren Kleinkinder aufgrund des Baulärms in den Nachtstunden nicht schlafen konnten, war mehr als berechtigt.“ Die Entgleisung des beklagten Mieters samt körperlichem Angriff war „für sich allein als derart schwerwiegend zu qualifizieren, dass der betroffenen Mieterin das Zusammenleben mit ihm nicht mehr zumutbar erscheint“.

Patrick Piccolruaz, Rechtsanwalt, Bludenz

x

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

Werdenbergerstraße 38
6700 Bludenz
Vorarlberg, Österreich

Tel. +43 5552 62 286
Fax +43 5552 62 286-18
office@pm-anwaelte.at

Kontakt aufnehmen


CAPTCHA-Bild

* Diese Informationen sind notwendig um Doppelvertretungen/Interessenskollisionen zu vermeiden.