In einem Betrieb mit insgesamt acht stimmberechtigten Arbeitern wurde eine Betriebsratswahl durchgeführt. Als Ergebnis verkündete der Wahlvorstand für den einzigen Wahlvorschlag fünf gültige Stimmen.
Tatsächlich stellte sich heraus, dass nur ein Mitarbeiter für den ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden gestimmt hatte (vermutlich er selbst). Ein zweiter Mitarbeiter schrieb auf den Stimmzettel neben den (einzigen) Wahlvorschlag das Wort "Nein". Und vier weitere Stimmzettel wurden leer abgegeben. Dies war den Dienstnehmern vor der Wahl geraten worden, wenn sie gegen den Wahlwerber stimmen wollten.
Der Arbeitgeber klagte auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsratswahl. Die unteren beiden Instanzen gaben ihm recht. Da die Mehrheit der an der Wahl teilnehmenden Arbeitnehmer gegen den einzigen Wahlwerber stimmen wollte, sei die Auszählung der Stimmen falsch erfolgt.
Im oben erwähnten Fall hob der Oberste Gerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts auf (25. 10. 2011, 9 ObA 40/11i). Die Klage des Arbeitgebers auf Feststellung der Nichtigkeit wurde abgewiesen. In der Begründung bestätigte der OGH zwar, dass die leeren Stimmzettel vom Wahlvorstand zu Unrecht als gültige Stimmen gezählt worden waren.
Man könne trotz der unrichtigen Auszählung der Stimmen nicht vom "Zerrbild einer Wahl" sprechen. Aus Gründen der Rechtssicherheit habe nämlich der Gesetzgeber die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl nur bei besonders schwerwiegenden Verstößen anordnen wollen. Die Wahl hätte daher bloß von einem Arbeitnehmer binnen eines Monats angefochten werden können.
Im Unterschied zum Arbeitgeber können sie nämlich jegliche Verstöße gegen wesentliche Bestimmungen des Wahlverfahrens geltend machen.
Patrick Piccolruaz, Rechtsanwalt, Bludenz