Das Justizministerium bereitet eine Änderung der Strafprozessordnung vor. Das Übergewicht der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren insbesondere bei der Bestellung von Gutachtern soll abgemildert bzw. beseitigt werden. Angestoßen wurde diese Reform durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Eckart Ratz.
Er hatte in einem österreichischen Anwaltsblatt sich wie folgt geäußert: „Eine grundrechtliche Schieflage besteht darin, dass seit Betrauung der Staatsanwaltschaft mit der Leitung des Ermittlungsverfahrens (...) der spätere Ankläger den Sachverständigen im Ermittlungsverfahren bestimmt und führt.“ Dies sei „mit Blick“ auf die europäische Menschenrechtskonvention und die dort verankerten Grundrechte auf Verteidigung „nicht hinzunehmen“.
Die Reform könnte so aussehen, dass zwar der Staatsanwaltschaft weiterhin schon im frühen Stadium einen Sachverständigen bestellen kann. Es soll dann aber der Verteidigung das Recht eingeräumt werden, einen zweiten Experten beiziehen zu dürfen. Diesem soll dann die Möglichkeit gegeben werden, die Expertise des Gerichtsgutachters kritisch zu überprüfen. Wie sich die neue gesetzliche Situation darstellen wird, lässt sich noch nicht sagen. Eine Novellierung in der laufenden Legislaturperiode ist nicht zu erwarten, wohl aber darf man davon ausgehen, dass eine Stärkung der Verteidigungsrechte stattfinden wird.
Mag. Patrick Piccolruaz, Rechtsanwalt in Bludenz