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4. Okt. 2021

Verweigerung der Impfung: Kündigung Krankenpflegers zulässig

Die (beharrliche) Weigerung des in einem Alten- und Pflegeheim beschäftigten Klägers, sich auf Kosten der beklagten Arbeitgeberin den von ihr im Sinn des § 10 Abs 4 COVID-19-NotMV und der schutzbedürftigen Bewohnerschaft angeordneten regelmäßigen Corona-Tests zu unterziehen, war offenbar unbegründet. Die daraufhin ausgesprochene Kündigung ist keine verpönte Retorsionsmaßnahme.

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Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren auf Rechtsunwirksamerklärung der Kündigung nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG übereinstimmend ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Eine erfolgreiche Anfechtung nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG setzt voraus, dass die Geltendmachung von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer nicht offenbar unberechtigt ist. Der Motivkündigungsschutz soll nicht schon bei haltlosen Behauptungen greifen. Der für die Beurteilung des verwerflichen Motivs entscheidende Zeitpunkt ist jener des Ausspruchs der Kündigung. Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt gehörte § 10 Abs 4 COVID-19-NotMV idF BGBl II 2020/479 dem Rechtsbestand an. Demnach war die Beklagte als Betreiberin eines Alten- und Pflegeheims verpflichtet, dem Kläger ohne Vorliegen eines negativen Testergebnisses (bzw einer der in der VO statuierten Ausnahmen) das Betreten der Betriebsstätte zu verwehren, ohne dass es ihr frei stand, sich mit der Bereitschaft des Klägers zum Tragen einer FFP2-Maske oder seiner Beteuerung, gesund zu sein, zu begnügen. Umgekehrt ergab sich (schon) aus dieser VO eine zumindest mittelbare Verpflichtung des Klägers, sich den von der Beklagten angeordneten (für ihn kostenfreien) Tests zu unterziehen, damit die Beklagte ihn weiter im Alten- und Pflegeheim beschäftigen und er seinem Arbeitsvertrag nachkommen konnte.

Einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis darauf, sich entgegen dieser –  in der arbeitsrechtlichen Treuepflicht wurzelnden  – Mitwirkungspflicht doch nicht testen lassen zu müssen, der einen Motivkündigungsschutz begründen könnte, vermochte der Kläger nicht aufzuzeigen. Einen (unverhältnismäßigen) Eingriff in Persönlichkeitsrechte durch die regelmäßigen Testungen auf SARS-CoV-2 behauptete der Kläger gar nicht konkret. Er stützte sich bloß ganz allgemein auf den „Schutz der Grund- und Freiheitsrechte“. Dementsprechend setzte er auch der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass eine bei einem Grundrechtseingriff gebotene Interessenabwägung wegen der Schutzbedürftigkeit der in einer Pandemie besonders vulnerablen Heimbewohner jedenfalls zugunsten der Testpflicht ausfiele, nichts entgegen. Zudem lag es nicht an ihm als Arbeitnehmer, die Sinnhaftigkeit der Schutzmaßnahmen in Frage zu stellen, zu deren Umsetzung seine Arbeitgeberin nach der geltenden Rechtsordnung verpflichtet war.

OGH | 8 ObA 42/21s 

(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung)

Kategorien: Sonstiges

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