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19. Mrz. 2020

UN-Kaufrecht gilt nur als vereinbart, wenn Partner schriftlich zugesandt

Für die Einbeziehung von AGB in das Vertragsverhältnis nach UN-Kaufrecht ist es erforderlich, dass sie der Gegenseite in schriftlicher Form zugänglich gemacht werden. Es genügt nicht, dass der Vertragspartner sich selbst nach dem Inhalt erkundigen hätte können.
Außergerichtliche Inkassospesen können im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts nur ganz ausnahmsweise begehrt werden.

Die Klägerin, eine italienische Strickwarenerzeugerin, lieferte der Beklagten, einem österreichischen Textilhandelsunternehmen, in mehrjähriger Geschäftsbeziehung Waren. Der unmittelbare Kontakt wurde jeweils zwischen einem Handelsvertreter der Klägerin und einem Einkaufsmitarbeiter der Beklagten gepflogen. Die Beklagte verwies zu Beginn der Geschäftsbeziehung und auch bei den laufenden Bestellungen auf ihre geltenden AGB, ohne diese aber jemals zu übergeben, zu übersenden oder zum Abruf zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin erkundigte sich ihrerseits nie nach dem Inhalt dieser AGB.

Im Jahre 2013 kam es zu längeren Lieferverzögerungen und teilweisen Qualitätsmängeln. Die Beklagte nahm die verspäteten Lieferungen zwar an, bezahlte aber die Rechnungen nicht vollständig, wobei sie sich auf in ihren ABG enthaltene Klauseln (darunter einen Ausschluss der Anwendung des UN-Kaufrechts) berief .

Die Klägerin begehrte die Zahlung der offenen Rechnungsdifferenzen samt außergerichtlichen Mahnspesen. Die AGB der Beklagten seien nicht wirksam vereinbart worden, das Vertragsverhältnis unterliege ausschließlich den Regeln des UN-Kaufrechts (CISG).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und sprach die begehrte Rechnungsdifferenz (mit geringfügiger Teilabweisung) sowie die Mahnspesen zu.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung in der Hauptsache, gab der Revision der Beklagten aber hinsichtlich der außergerichtlichen Mahnspesen Folge.

Dem UN-Kaufrecht kommt in seinem Anwendungsbereich grundsätzlich der Vorrang gegenüber nationalem Recht zu. Ob AGB die – wie hier – einen Ausschluss des UN-Kaufrechts enthalten, wirksam in den Vertrag einbezogen wurden, ist daher nicht nach nationalem Recht, sondern nach den Grundsätzen der Art 14 ff CISG zu beurteilen. Danach werden AGB nur dann Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil entweder übersendet oder anderweitig zugänglich gemacht wurden. Es genügt nicht, dass der Vertragspartner Gelegenheit gehabt hätte, sich selbst nach dem Inhalt zu erkundigen.

Ein Ersatz von außergerichtlichen Inkassospesen kann nach UN-Kaufrecht nur ganz ausnahmsweise zugesprochen werden, wenn sie nach strengen Maßstäben zur zweckentsprechenden und angemessenen Rechtsverfolgung dienen und deshalb voraussehbar sind. Hier hatte die Beklagte eine Zahlung grundsätzlich abgelehnt, sodass ein Gerichtsverfahren ohnehin unvermeidlich war.

OGH | 8 Ob 104/16a 

(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung)

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