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15. Feb. 2013

Sorgfaltspflicht des geübten Skifahrers

Jeder Wintersportler sollte sich im Zusammenhang mit der Pistenbenützung zumindest einmal mit den 10 FIS Regeln beschäftigt haben. Diese Verhaltensregeln geben einen Einblick über die zu beachtenden bzw. einzuhaltenden Regeln bei der Benutzung von Pisten. Allerdings findet sich in den FIS-Regeln kein konkreter Anhaltspunkt in Bezug auf die erlaubte (Höchst-) Geschwindigkeit beim Befahren einer Piste.

Kürzlich erging allerdings eine höchstgerichtliche Entscheidung (3 Ob 177/12v) und wurde in dieser ausformuliert, unter welchen Umständen eine zu hohe Geschwindigkeit als Sorgfaltsverstoß zu werten ist.

Der Sachverhalt stellt sich dermaßen dar, dass die Klägerin am äußersten rechten Pistenrand in Pflugbögen fuhr. Die 12 jährige Beklagte näherte sich mit einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 30 km/h von hinten an, kam etwa 30 Meter hinter der Klägerin zu Sturz, und rutschte fast ungebremst in die sich vor ihr befindliche Klägerin. Die Klägerin erlitt erhebliche Verletzungen. Nach dem Sturz war es weder der Beklagten noch der Klägerin möglich die Kollision zu verhindern.

Das Höchstgericht hatte sich damit auseinander zu setzen, ob eine Fahrgeschwindigkeit von etwa 30 km/h im Falle eines Sturzes und der daraus resultierenden Kollision mit einem anderen Skifahrer als Sorgfaltswidrigkeit zu werten ist oder nicht.

Das Höchstgericht erkannte, dass eine Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h ungeachtet dessen, dass es sich bei der Beklagten um eine 12-jährige und gute Skifahrerin handelte, unter den gegebenen Umständen als weit aus überhöht zu werten war. Dies darum, weil es sich bei der befahrenen Piste um eine harte Kunstschneepiste mit eisigen Stellen handelte. Solch eine harte und eisige Kunstschneepiste begründe im Hinblick auf die, auch für gute Skifahrer, stets vorhandene Gefahr eines Sturzes und die sich daraus ergebenden Folgen für andere Skifahrer, die sich im Sturzbereich befinden, eine Sorgfaltswidrigkeit. Diese Gefahr sei auch für eine, wie  hier, 12-jährige gute Skifahrerin, erkennbar und die Gefahrenvermeidung (Einhaltung einer geringen Fahrgeschwindigkeit oder eines wesentlich größeren Abstandes zu anderen, insbesondere viel langsameren Pistenbenützern) zumutbar.

Wie aus diesem Urteil ersichtlich ist, wird für einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht bei der Pistenbenützung eine relativ geringe Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h angenommen. Aus eigener Erfahrung kann gesagt werden, dass die meisten, auch nicht unbedingt als gut zu bezeichnenden, Skifahrer eine weit höhere Geschwindigkeit als 30 km/h beim Befahren der Pisten aufweisen. Zukünftig wird sich also weisen, ob dieses Erkenntnis durch seine Bemessung der „erlaubten Fahrgeschwindigkeit“ für eine neue Betrachtung bzw. neue Einschätzung, bei der Verschuldensfrage bei Skiunfällen herangezogen wird.

Ob sich das Fahrverhalten der Pistenbenützer aufgrund dieser Entscheidung, die einen Sorgfallstsverstoß bereits bei geringer Fahrgeschwindigkeit annimmt, ändern wird, ist jedenfalls zu bezweifeln.

Patrick Piccolruaz, Rechtsanwalt Bludenz

Kategorien: Skirecht / Sportrecht

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