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17. Jan. 2013

Schmerzensgeld für Schocknachricht

Möglichkeit von Schmerzensgeld nach schockierenden Nachrichten hat der Oberste Gerichtshof ausgeweitet. Er basiert übrigens nicht auf einer gesetzlichen Bestimmung, sondern seit 1994 hat sich eine diesbezügliche Judikatur entwickelt. Zunächst gab es Schmerzensgeld, wenn jemand traumatisiert wurde, weil er direkt miterlebt hat wie ein Angehöriger einen schweren Unfall erleidet. Im Jahre 2000 wurde der Schockschaden ausgebaut. Erstmals wurde einem Mann Schmerzensgeld zugesprochen, obwohl er den Unfall seines Kindes nicht selber gesehen hatte, aber in Folge der Todesnachricht einen Kollaps erlitt. Eine aktuelle Entscheidung zeigt nun, dass der Ersatz von Schockschäden durch die Judikatur erweitert wird.

Im jetzigen Fall ging es um einen Mann, der die Nachricht vom vermeintlich tödlichen Unfall seiner Frau sehr schlecht verkraftete. Die Frau war allerdings gar nicht verstorben, sondern „nur“ schwerst verletzt worden. Und ihr Zustand hatte sich im Laufe der Zeit deutlich gebessert. Die Frau war im Februar 2007 als Fußgängerin unterwegs, als ein Auto sie erfasste. Der Lenker des Wagens war allein schuld am Unfall, die Frau erhielt rund 70.000 Euro Schmerzengeld zugesprochen. Ihr Ehemann war zum Zeitpunkt des Unfalls zu Hause. Denn er war Gleisarbeiter und über den Winter als arbeitslos gemeldet. Als er vom Unglück seiner Frau erfuhr, fuhr er sofort ins Krankenhaus, wo sich die Frau bereits im Operationssaal befand. Anschließend besuchte er sie jeden Tag im Spital. Der Unfall seiner Frau und die Folgen führten beim Mann zu einer Belastungsreaktion und einer Anpassungsstörung samt psychischer Schmerzen. Er ging auch in Psychotherapie und zahlte dafür 300 Euro. Dazu kam, dass die Verletzungen der Frau auch das Sexualleben des Paares einschränkten und gemeinsame Unternehmungen oder Reisen zunächst nicht möglich waren. Erst nach dreieinhalb Jahren etwa fuhr das Paar gemeinsam wieder in ihr Heimatland, die Türkei, um dort Verwandte zu besuchen.

Die unteren Instanzen wiesen die Klage des Mannes ab. Das Oberlandesgericht Linz argumentierte, man müsse darauf achten, dass Schadensersatzansprüche nicht ausufern. Das würde aber passieren, wenn man die am Unfallstag und allenfalls in den ersten Tagen danach entstandene Ungewissheit über die tatsächlichen Unfallfolgen auf den Schädiger überwälzen würde.

Dem gegenüber meinte der Oberste Gerichtshof, dass es auf den Zeitpunkt der Nachricht ankomme. Sind die Verletzungen zu diesem Zeitpunkt derart schwer, dass eventuell akute Lebensgefahr bestehe oder die Gefahr, dass das Opfer ein Pflegefall werde, so könne es Schmerzensgeld für den Empfänger der Nachricht geben. Deutlich machte der Oberste Gerichtshof, dass der Tod eines Unfallopfers nicht Voraussetzung für Schmerzensgeldansprüche sei (2 Ob 136/11f).

Patrick Piccolruaz, Rechtsanwalt in Bludenz

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