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19. Mrz. 2017

Privathaftpflichtversicherung - auch Motorsport ist Sport

Nach dem vorliegenden Art 7 ZGWP 2010 erstreckt sich der Versicherungsschutz auf die Gefahren des täglichen Lebens, wobei nach dem Wort „insbesonders“ ua die „nicht berufsmäßige Sportausübung, ausgenommen die Jagd“, genannt ist. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer geht davon aus, dass damit - schon wegen der Aufzählung nach „insbesonders“ - die nicht berufsmäßige Sportausübung als zu den Gefahren des täglichen Lebens gehörend definiert ist. Da zudem vom Versicherungsschutz bei der nicht berufsmäßigen Sportausübung nur die Jagd ausdrücklich ausgenommen ist, muss darauf geschlossen werden, dass alle anderen Tätigkeiten, die von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer als Sport betrachtet werden, vom Versicherungsschutz umfasst sind.

Das Motorradfahren ist in Österreich beliebt; demgemäß ist auch der Motorradrennsport eine gebräuchliche Sportart. Dieser kann zulässigerweise auf abgeschlossenen Rennstrecken ausgeübt werden. Es ist daher davon auszugehen, dass für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer Trainingsfahrten mit üblichen Motorrädern auf einer abgeschlossenen Rennstrecke im Rahmen einer Motorsportveranstaltung zur Sportausübung und damit nach Art 7 ZGWP 2010 zu den versicherten Gefahren des täglichen Lebens zählen.

OGH 25. 1. 2017, 7 Ob 192/16k

Schaden im Zuge einer versicherten Gefahr


Der Kl hat beim bekl Versicherer einen Haushaltsversicherungsvertrag inkl Privathaftpflichtversicherung abgeschlossen, dem die „Klipp & Klar-Bedingungen für die Zuhause & Glücklich Wohnungsversicherung Deckungsvariante „Premium“ (ZGWP) Fassung 11/2010“ (in der Folge: ZGWP 2010) zugrunde liegen.

Im vorliegenden Versicherungsfall (Deckung für Schadenersatz wegen Zusammenstoß mit anderem Fahrer) hat der Kl im Rahmen des „Freien Fahrens“ auf einer privaten Rennstrecke im Zuge einer Motorsportveranstaltung ein Motorrad verwendet, das straßenverkehrstauglich wäre, wenn die Rückspiegel montiert gewesen wären. Die Zeitmessung diente der Einteilung in Leistungsgruppen und damit dem mit der Motorsportausübung verbundenen Zweck des Auslotens des eigenen Könnens.

Am verwendeten Motorrad wurden regelmäßig Servicearbeiten durchgeführt, Probleme bei den Bremsen traten bis zum hier zu beurteilenden Ereignis nie auf. Von einer bewussten Schadenszufügung kann demnach keine Rede sein. Dass dem Kl allenfalls ein fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist, begründet für sich allein noch nicht eine ungewöhnliche Gefahr.

Unstrittig lag keine betriebliche, berufliche oder gewerbsmäßige Tätigkeit vor. Der Schaden ist daher im Zuge einer versicherten Gefahr eingetreten.

Kein Risikoausschluss

Weiters stützt sich der bekl Versicherer auf die Risikoausschlüsse des Art 7 ZGWP 2010 betreffend „Kraftfahrzeuge ..., die ein behördliches Kennzeichen tragen müssen“, und „Pocket-Bikes“. Er behauptet zwar nicht, dass das Motorrad des Kl ein Pocket-Bike sei oder kennzeichenpflichtig gewesen wäre (obwohl es nur auf abgeschlossenen Rennstrecken verwendet wurde), will aber aus den Risikoausschlüssen ableiten, dass Gefahren aus der Haltung und Verwendung von Motorrädern, die ausschließlich auf Rennstrecken benützt werden, umso mehr vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien.

Risikoausschlüsse sind jedoch eng auszulegen (RIS-Justiz RS0107031) und bei objektiver Betrachtung ergibt sich nach Ansicht des OGH für einen verständigen Versicherungsnehmer aus dem Risikoausschluss betr kennzeichenpflichtige Kfz nur, dass die erhöhte Gefahr, die mit der Haltung oder Verwendung von Kfz verbunden ist, allein von der Kfz-Haftpflichtversicherung gedeckt und daher von der Haushaltsversicherung ausgeschlossen werden sollte (vgl 7 Ob 177/04m mwN, RdW 2005/261). Zu 7 Ob 51/03f, WRInfo 2003/180, hat der OGH bereits ausgesprochen, dass die Haushaltsversicherung deckungspflichtig ist, wenn sich der Unfall im Rahmen einer kraftfahrsportlichen Veranstaltung iSd § 1 Abs 2 lit c KFG ereignet, bei der die Straße für den übrigen Verkehr gesperrt ist, auch wenn das Fahrzeug im Ausgangsfall (Traktor) aufgrund seiner Bauartgeschwindigkeit grundsätzlich kennzeichenpflichtig wäre, aber kein solches trägt.

Aus diesem Risikoausschluss betr „Pocket-Bikes“ ist für die Frage des Versicherungsschutzes bei Ausübung des Motorradrennsports nichts zu gewinnen: Pocket-Bikes werden nicht ausschließlich zu Rennsportzwecken eingesetzt.

Ein vom Wortlaut nicht gedeckter Risikoausschluss kann also hier nicht durch eine - noch dazu nicht zwingende - Verallgemeinerung aus anderen Risikoausschlüssen abgeleitet werden. Die Vorinstanzen haben daher nun eine Prüfung der geltend gemachten Ansprüche im fortzusetzenden Verfahren nachzuholen.

Kategorien: Skirecht / Sportrecht

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