Die Auflösung des Lehrverhältnisses bedarf zur Rechtswirksamkeit der Schriftform. Dies erfordert in der Regel die eigenhändige Unterschrift unter dem Text.
Die Klägerin war ab 1. 9. 2005 beim Beklagten als Lehrling beschäftigt. Am 30. 11. 2005 erhielt sie auf ihrem Mobiltelefon die folgende SMS des Beklagten: „Muss dich mit heutigem Tag kündigen. Können wir aber wahrscheinlich widerrufen, wenn ich in Wien bin. Liebe Grüße Bernd.“ Beim persönlichen Treffen zwischen den Parteien am 5. 12. 2005 nahm der Beklagte die ausgesprochene Beendigung des Lehrverhältnisses nicht zurück.
Im vorliegenden Fall war die Frage zu beurteilen, ob die während der ersten drei Monate erfolgte Auflösung des Lehrverhältnisses durch den Lehrberechtigten per SMS der Schriftform genügt (§ 15 Abs 2 Berufsausbildungsgesetz [BAG]). Dies wurde von beiden Vorinstanzen verneint.
Der OGH gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Das Lehrverhältnis kann nach § 15 Abs 1 BAG während der ersten drei Monate sowohl vom Lehrberechtigten als auch vom Lehrling jederzeit einseitig aufgelöst werden kann. Diese Auflösung bedarf nach § 15 Abs 2 BAG – wie auch alle anderen Auflösungsformen des § 15 BAG – zur Rechtswirksamkeit der Schriftform. Bei Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form tritt die angestrebte Auflösung des Lehrverhältnisses nicht ein.
Das Gebot der Schriftlichkeit bedeutet nach § 886 ABGB im Allgemeinen „Unterschriftlichkeit“, es sei denn, das Gesetz sieht ausdrücklich eine Ausnahme vor. Dies ist hier nicht der Fall. „Unterschriftlichkeit“ erfordert in der Regel die eigenhändige Unterschrift unter dem Text.
Die Wichtigkeit des Lehrvertrags verlangt auch Sicherheit in der Frage, ob ein Lehrverhältnis allenfalls vor Fristablauf wieder aufgelöst wurde. Der Gesetzgeber wählte als Sicherheitsmaßstab die (einfache) Schriftform. An diesen Maßstab kommt die schlichte SMS, also eine reine Textnachricht, nicht heran. Dass im Text der SMS der Vor- und/oder Zuname des Absenders steht, stellt noch keine eigenhändige Unterfertigung des Texts dar. Mangels eigenhändiger Unterschrift genügt eine Auflösungserklärung nach § 15 Abs 1 BAG per SMS nicht, um das Lehrverhältnis rechtswirksam aufzulösen.
OGH 9 ObA 96/07v