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28. Feb. 2014

Kloster haftet gegenüber Missbrauchsopfern

Ein Kloster haftet, wenn sie bei der Personalauswahl fahrlässig ist und bekannten Missbrauchstäter einstellt. Ein Missbrauchsopfer hatte vor dem Obersten Gerichtshof mit seiner Klage Erfolg.

Geklagt hatte im Anlassfall ein Mann, der vor rund drei Jahrzehnten das Internat der Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau in Bregenz besuchte. Missbrauchstäter war Pater Johannes, doch der war im Kloster schon einschlägig bekannt. Bereits Ende der 1960er-Jahre wagte der Pater Übergriffe auf Buben. Karriere machte er trotzdem. So konnte er sich 1982 an dem damals 15-Jährigen, der nun vor Gericht prozessierte, vergehen. Schadenersatzansprüche verjähren grundsätzlich drei Jahre, nachdem das Opfer weiß, wer ihm das Ungemach zugefügt hat.  Kann man dem Täter die Straftat nachweisen, dann sind es 30 Jahre. Allerdings ist es oft nicht einfach, dem Täter im Zivilprozess die Straftat nachzuweisen, zumal es nach Jahrzehnten – diesmal wegen der strafrechtlichen Verjährung – auch keine Verfolgung durch die Justiz mehr gibt.

Der Zögling klagte zudem ja jetzt nicht den direkten Täter, sondern die Abtei. Denn das Opfer hatte im Vorjahr durch den Artikel in einem Magazin erfahren, dass der Pater bereits 1967 wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht musste und zu bedingter Haft verurteilt wurde. Trotzdem hatte ihn der Abt zum Internatsleiter bestellt. Einen Pädophilen hätte man nicht in diese Position hieven dürfen, argumentierte das Opfer vor Gericht. Die Abtei wandte ein, der Schadenersatzanspruch sei bereits drei Jahre nach der Tat, also 1985, verjährt gewesen. Der Zögling erwiderte, er habe ja erst 2012 erfahren, dass das Kloster Schuld trage.

Der OGH erklärte, die Klosterführung hätte die Pflicht gehabt, alle „erheblichen Gefahren“ für die Kinder zu beseitigen. Man habe aber eine Person, deren „kriminelle sexuelle Neigungen den Verantwortlichen bekannt waren“, zum Regens eines Internats bestellt. Deswegen hafte das Kloster. Die Argumentation der Abtei, laut der man den Missbrauch des Paters nicht hätte verhindern können, sei „in Kenntnis vorangegangener einschlägiger Straftaten für ein römisch-katholisches Kloster doch verwunderlich“, sagt der OGH unverblümt. Der Fall sei zudem nicht verjährt, weil das Opfer erst 2012 erfahren habe, dass der Abt des Klosters seine Aufsichtspflicht verletzt hatte, meinen die Richter (Geschäftszahl: 1 Ob 124/13m). Das Opfer habe auch nicht die Pflicht gehabt, selbst zu recherchieren, ob das Kloster von den Missbrauchsvorwürfen wusste.

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