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1. Dez. 2011

Internet-Mißbrauch überschätzt

Weniger gefährlich als oft behauptet, aber offen für Missbrauch durch übereifrige Behörden - das ist der Befund des Wiener Rechtsprofessors und IT-Experten Wolfgang Zankl über die Gefahren des Internets. Zankl war vergangene Woche Gast beim jusalumni-Frühstück in den Räumlichkeiten des Standard, wo er vor Absolventen des Juridicums über verschiedene Aspekte der Regulierung des Internets sprach.

Der Leiter des Europäischen Zentrums für E-Commerce und Internetrecht, ein konsequenter Befürworter von Informations- und Transaktionsfreiheit, konzentrierte sich dabei auf zwei Themen: Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Online-Glücksspiel und die Vorratsdatenspeicherung.

Dabei kritisierte Zankl heftig das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Causa "Santa Casa / Liga Portuguesa" (C-42/07 vom 8. 8. 2009), in dem die Höchstrichter ein staatliches Monopol für Internet-Wetten mit dem Argument für zulässig erklärten, dass Glücksspiel im Internet für Nutzer besonders gefährlich sei. Für Zankl aber gibt es in den Risiken keine Unterschiede zwischen physischem und virtuellem Glücksspiel. Außerdem dürfe es in Europa von heute keine Monopole mehr geben, sowohl aus prinzipiellen wie auch aus praktischen Gründen. "Das Internet ist grenzüberschreitend, nationale Monopole funktionieren einfach nicht", sagte er.

Völlig abzulehnen sei auch das französische Gesetz, das Menschen von der Nutzung des Internets ausschließt, wenn sie wiederholte Verstöße gegen das Urheberrecht oder andere Gesetze begehen. Internetnutzung sei heute ein Grundbedürfnis und ein Grundrecht, das auch bei Verstößen nicht verwehrt werden dürfe. Um diesem Recht Ausdruck zu verleihen, hat Zankl unter anderem Läufe in der Arktis und Antarktis unternommen und dies in einem zweibändigen Buch (Arctic vs. Antarctic, Goldegg Verlag 2011) dokumentiert.

Sehr kritisch sieht Zankl, der am Institut für Zivilrecht der Universität Wien lehrt, auch das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, die im April 2011 in Kraft treten soll. Die Speicherung aller Kommunikations- und Handy-Standortdaten sei ein untaugliches Mittel im Kampf gegen das Verbrechen und offen für Missbrauch. "Daten, die gespeichert werden, werden irgendwann missbraucht", zeigte er sich überzeugt.

Außerdem sei der in diesem Gesetz enthaltene Pauschalverdacht gegen jeden ein Verstoß gegen Grundrechte und Verfassung. Erst bei einem konkreten Tatverdacht dürfe der Staat beginnen, seine Bürger zu überwachen.

Patrick Piccolruaz, Rechtsanwalt, Bludenz

Kategorien: Sonstiges

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