In der Unfallversicherung setzt das Vorliegen eines Unfalls im Regelfall eine Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Versicherten voraus.
Der Kläger und sein Kletterpartner durchstiegen die Eiger-Nordwand. Als ein Stein, auf dem der Kläger mit den Frontalzacken seiner Steigeisen gestanden war, plötzlich ausbrach, stürzte er ins Seil. Durch diesen Sturz erlitt der Kläger keine Verletzungen, allerdings traten in den Kniebereichen seiner Hose 2 bis 4 cm lange Risse auf, im Bereich des Oberschenkels wurde die Hose abgeschürft. Der Kläger und sein Kletterpartner setzten ihre Tour bis zum Gipfel fort. Infolge Durchnässung der Hose und dem Feuchtigkeitseintritt erlitt der Kläger Erfrierungen an beiden Vorfüßen, die eine Vorfußamputation notwendig machten.
Der Oberste Gerichtshof verneinte einen Anspruch aus der Unfallversicherung:
Nach der Einschätzung eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers gehört zum Vorliegen eines Unfalls grundsätzlich eine wenngleich auch nur geringfügige Verletzung des Versicherten. Im Regelfall ist also eine Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Versicherten dem Unfallbegriff inhärent. Ausnahmsweise kann eine gleichwertige, ebenfalls zur Annahme eines Unfalls führende Situation dann vorliegen, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis – ohne eine Verletzung am Körper – in einer wesentlichen körperlichen Funktionalität (zB Fortbewegungsmöglichkeit) so beeinträchtigt wird, dass er dadurch in eine hilflose Lage gerät, die dann zumindest mitursächlich für einen relevanten Gesundheitsschaden ist. Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung etwa der bloßen Beschädigung von Ausrüstungsgegenständen – wie hier die Hose – ist durch den Unfallbegriff hingegen nicht gedeckt.
OGH | 7 Ob 32/17g
(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung)