Auch wenn von einem zehn Jahre alten Kind mit bestandener Radfahrprüfung erwartet werden kann, dass es sich beim Radfahren an grundlegende Verkehrsregeln hält, muss bei der Bewertung seines Mitverschuldens an einem Verkehrsunfall doch ein weniger strenger Maßstab angelegt werden als bei einem Erwachsenen. Umso mehr gilt dies, wenn zu prüfen ist, ob und in welchem Ausmaß das unmündige Kind aufgrund eines Verschuldensvorwurfs ausnahmsweise die (subsidiäre) Billigkeitshaftung nach § 1310 Fall 1 ABGB für den Schaden des Unfallgegners trifft.(OGH 9. 4. 2015, 2 Ob 31/15w)
Anwalt Mag. Patrick Piccolruaz
Experte für
Schadenersatz, Prozessführung und Schiedsgerichtsbarkeit
Der damals zehn Jahre alte Beklagte, der einige Wochen zuvor die freiwillige Radfahrprüfung abgelegt hatte, bog mit seinem Fahrrad von einer Wohnanlage aus in die Straße ein, ohne auf den Verkehr zu achten. Er kollidierte dabei mit dem klagenden Radfahrer, der mit maximal 20 km/h auf der Straße fuhr und ihn aufgrund einer Hecke am Straßenrand nicht rechtzeitig wahrnehmen konnte. Der Beklagte war im Unfallzeitpunkt aufgeregt und abgelenkt, weil sich ein Freund beim Fußballspielen eine blutende Wunde zugezogen hatte und er dessen Mutter benachrichtigen wollte.