Er galt als nettes Tier: folgsam, gut erzogen und nicht aggressiv. Auf sein Hofgelände kommen freilich nur selten fremde Leute. Falls doch, hat sich Apo in der Vergangenheit aber immer interessiert gezeigt, manchmal gebellt oder den Neuankömmling beschnuppert. An einem Sommertag im Vorjahr sollte aber alles anders sein: Ein privater Zusteller betrat das Gehöft durch das offene Einfahrtstor, den gut erkennbaren Hundezwinger nahm der Mann nicht wahr. Er machte auch nicht durch Laute auf sich aufmerksam. Apo bewegte sich bellend auf den Mann zu. Der Zusteller blieb deswegen zunächst stehen. Dann aber machte er eine rasche Drehbewegung weg von Apo. Der Hund erschreckte sich und biss den Lieferanten in die linke Gesäßhälfte. Der Zusteller forderte 2650 Euro Entschädigung.
Bisheriges Verhalten entscheidend
Das Bezirksgericht Liezen wies die Klage ab: Vorfälle wie diese könne man nur durch Wegsperren, Anketten oder Unterlassen der Hundehaltung verhindern, was aber weder gesellschaftlich gewünscht sei noch den Tierschutzbestimmungen entspreche. Das Landesgericht Leoben betonte, dass man zwar nicht einfach sagen könne, Hunde dürften auf dem Land frei umherlaufen. Der Oberste Gerichtshof habe aber auch bereits entschieden, dass man selbst bei Spaziergängen im freien Gelände gutmütige Hunde frei laufen lassen könne. Es gelte somit auch, dass gutmütige Hunde in Haus und Hof frei und ohne Maulkorb herumlaufen dürfen. Ein Tierhalter habe gemäß §1320 ABGB immer nur jene Vorkehrungen zu treffen, die von ihm nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Hund zu erwarten sind, meinte das Landesgericht (1 R 160/11p). Da Apo bisher unauffällig war, habe man ihn frei umherlaufen lassen dürfen. Das Urteil ist rechtskräftig, wegen des geringen Streitwerts ist kein weiterer Instanzenzug zulässig.
Patrick Piccolruaz, Rechtsanwalt, Bludenz