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6. Mai. 2020

"Fett-weg"-Spritzen: Mitverschulden des Geschädigten, wenn mangelnde Befähigung bekannt.

Wer ein Geschäft übernimmt, dessen Ausführung besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert, gibt dadurch zu erkennen, dass er sich diese auch zutraut. Er muss daher den Mangel derselben vertreten. Wenn sein Vertragspartner aber von dieser Unerfahrenheit wusste oder bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit hätte wissen können, hat er sich das als Mitverschulden anrechnen zu lassen.

Die Klägerin ließ sich von der Beklagten, einer Kosmetikerin, „Fett weg“-Spritzen in die Oberschenkel setzen. Diese hatte ihr zuvor gesagt, dass sie die Behandlung zwar nicht machen dürfe, weil sie keine medizinische Ausbildung habe, dies aber könne und bereits mehrfach erfolgreich durchgeführt habe. Weiter wies sie die Klägerin darauf hin, dass Schwellungen und Blauverfärbungen eintreten können und sie eine Zeit lang Schmerzen verspüren könnte. Über weitere Risiken, etwa dass Entzündungsprozesse bis zu Monate anhaltende Schmerzen und Gefühlsstörungen bewirken können, wurde nicht aufgeklärt. In der Folge kam es bei der Klägerin zu erheblichen Komplikationen. Im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung hätte die Klägerin einer Behandlung nicht zugestimmt.

Die Klägerin begehrt die Zahlung von 41.540 EUR unter anderem an Schmerzengeld und Verunstaltungsentschädigung sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für die Folgen der Behandlung. Die Beklagte bestritt das Klagebegehren. Die Behandlung sei von ihr lege artis durchgeführt worden und die Klägerin umfassend aufgeklärt worden. Sie habe die Klägerin auch darauf hingewiesen, dass sie über keine medizinische Ausbildung verfüge. Da sich die Klägerin dennoch auf die Behandlung eingelassen habe, treffe sie ein erhebliches Mitverschulden.

Das Erstgericht sprach der Klägerin 22.266,66 EUR zu und stellte die Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden mit zwei Drittel fest. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge. Nach dem Gesetz gibt derjenige, der ohne Not freiwillig ein Geschäft übernimmt, dessen Ausführung eigene Kunstkenntnisse oder einen nicht gewöhnlichen Fleiß erfordert, dadurch zu erkennen, dass er sich diese zutraut. Er muss daher den Mangel derselben vertreten. Das betrifft im konkreten Fall aber nicht nur die Ausführung, sondern auch die für eine wirksame Einwilligung zur Behandlung erforderliche Aufklärung. Derjenige, der von der Unerfahrenheit des Vertragspartners wusste oder bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit hätte wissen können, muss sich dies aber als Mitverschulden anrechnen lassen. Nach den Gesamtumständen hätte die Klägerin erkennen können, dass die Beklagte als Kosmetikerin nicht über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für eine solche Behandlung verfügte und nicht befähigt war, die angebotenen Leistungen zu erbringen. Allerdings liegt das überwiegende Verschulden bei dem, der den Besitz der entsprechenden Fähigkeiten behauptet, weshalb die Verschuldensteilung 2:1 zu Lasten der Beklagten angemessen war.

OGH | 9 Ob 49/17x

(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung)

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