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16. Sep. 2021

Fehlender Elektrobefund und Mietzinsminderung

Dass eine elektrische Anlage nicht den Vorschriften der Elektrotechnikverordnung (ETV) 2002 entspricht, ist für sich alleine noch nicht geeignet, eine Unbrauchbarkeit der Wohnung zu bewirken. Bei Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 7a ETV ist aber eine potenzielle Gefährlichkeit der Anlage zu vermuten, was der Vermieter widerlegen kann. Misslingt dieser Gegenbeweis, kann eine Mietzinsminderung berechtigt sein.

Kurz nach der Anmietung einer Wohnung stellten sich Mängel an der Elektroanlage heraus. Nach einer ersten Mietzinsminderung wurden Änderungen an der Anlage durchgeführt und die Durchführung der notwendigen Maßnahmen zur Herstellung eines zeitgemäßen Sicherheitsstandards vereinbart. Der Vermieter legte in der Folge vorerst keinen und danach einen vielfach mangelhaften und ungenügenden Prüfbefund vor. Der Mieter wurde im Laufe der Zeit immer unsicherer, dass die Elektroanlage in seiner Wohnung in Ordnung sei, hat Angst, dass etwas passieren könnte, traut sich deshalb auch nicht, bestimmte Geräte gleichzeitig in Betrieb zu nehmen, und minderte schließlich neuerlich den Mietzins.

Der Vermieter begehrt rückständigen Mietzins und Räumung.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur Fassung eines Beschlusses nach § 33 Abs 3 MRG zurück. Der Oberste Gerichtshof stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.

Der Umstand, dass eine Anlage iSd § 7a ETV 2002 nicht dem Elektrotechnikgesetz (ETG) 1992 entspricht oder der Vermieter seiner Dokumentationspflicht insoweit nicht nachgekommen ist, lässt eine potenzielle Gefährlichkeit vermuten, weil sich der Mieter nicht darauf verlassen kann, dass die elektrische Anlage den elektrotechnischen Anforderungen entspricht. Dem Vermieter steht es offen, im Einzelfall zu beweisen, dass von der Anlage keine Gefährdung ausgeht. Ist mangels Gelingens dieses Gegenbeweises im Tatsächlichen von einer Gefährlichkeit der elektrischen Anlage auszugehen und ändert der Mieter im Hinblick auf diese Unsicherheit sein Verhalten deshalb so ab, dass er die Wohnung nicht so gebraucht, wie er es bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Anlage täte, liegt darin eine – eine Mietzinsminderung rechtfertigende – Beeinträchtigung des bedungenen Gebrauchs einer Wohnung.

OGH | 4 Ob 83/19p

(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung)

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