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30. Aug. 2011

Falsche Ratschläge: Haftung nur bei Entgelt

Ein Bild des bekannten Tiroler Malers Alfons Walde stellte sich nach der Auktion als Plagiat heraus. Die Tochter, die zu Unrecht die Echtheit bestätigte, ist aber aus dem Schneider.

Hat die Tochter eines Malers derart selbstlos agiert, dass sie für ihr „Gutachten“ nicht einstehen muss? Das war die entscheidende Frage in einem Prozess, den der Oberste Gerichtshof kürzlich entschied. Im Mittelpunkt stand ein Plagiat des Gemäldes „Begegnung“ vom Tiroler Maler Alfons Walde (1891–1958).

 
Das vermeintliche Original war einem Mann im Sommer 2004 über Vermittlung eines Altwarenhändlers angeboten worden. Auf der Rückseite des Bildes befand sich ein Nachlassstempel, auf dem die Tochter des Malers die Echtheit des Gemäldes bestätigte (mit diesem Nachlassstempel wird auch in Auktionskatalogen gerne geworben). Dem potenziellen Käufer reichte der Stempel nicht, wie er später angeben sollte. Er suchte die Tochter an ihrem Wohnort auf. Sie stellte dem Mann freiwillig und unentgeltlich eine zusätzliche handschriftliche Bestätigung aus, derzufolge das Gemälde von ihrem Vater stamme. Die Tochter des Malers hatte keinerlei einschlägige Ausbildung, sie war immer nur als Hausfrau tätig gewesen. Sie bezog ihre Meinung über die Echtheit des Bildes ausschließlich aus ihrer Nähe zum verstorbenen Vater.
Der Käufer jedoch war nun überzeugt, er erwarb das Bild um 28.000 Euro. Dies tat er aber nicht aus Liebe zur Kunst, sondern um Geld damit zu verdienen. Doch die ersten Versuche, das Bild auf dem freien Markt gewinnbringend weiterzuveräußern, scheiterten. Deshalb wandte sich der Mann ans Dorotheum Wien. Als Rufpreis wurden 36.000 Euro bestimmt. Doch einige Tage vor dem Versteigerungstermin schrillten im Dorotheum die Alarmglocken. Eine Mitarbeiterin erklärte, dass sie bei dem Bild Bedenken hege. Darauf wandte sich der Eigentümer des Gemäldes ans Auktionshaus „Im Kinsky“. Dort wurde das Bild im Sommer 2005 um 28.000 Euro versteigert. Doch im Frühjahr 2007 teilte das Auktionshaus dem Mann mit, dass es sich bei dem versteigerten Bild um eine Fälschung gehandelt habe. Es forderte das Geld zurück. Da sich der Kunstverkäufer weigerte, das Geld zu retournieren, kam es zum Prozess, in dem das Auktionshaus siegte. Nun blieb dem Mann nur noch ein Weg, um sich sein Geld zurückzuholen. Er klagte die Tochter des Malers auf Schadenersatz. Denn sie war es, die erklärt hatte, dass ihr Vater das Kunstwerk gemalt habe. Die Frau wandte ein, sie sei tatsächlich überzeugt gewesen, dass das Bild von Alfons Walde stamme. Überdies habe sie die Bestätigung nur aus reiner Gefälligkeit und unentgeltlich ausgestellt.
 
Nutzen für die Tochter strittig
Das Handelsgericht Wien wies die Klage ab. Wenn man einen uneigennützigen Rat erteile, hafte man nur, wenn man vorsätzlich etwas Falsches sage. Und verjährt sei die 2009 erhobene Forderung auch. Denn der Mann habe 2004 bei seinem Kontakt mit dem Dorotheum erfahren, dass es Bedenken gegen die Echtheit des Bildes gab. Die Verjährungsfrist beim Schadenersatz beträgt drei Jahre. Das Oberlandesgericht Wien änderte das Urteil und gab dem Kläger recht: Denn die Tochter des Malers habe die Echtheitsbestätigung nicht selbstlos erteilt. Es sei ihr auch darum gegangen, den am Bild vorhandenen und von der Tochter bereits zuvor unterfertigten Nachlassstempel zu bekräftigen. So könne sie ihre Glaubwürdigkeit in der Kunstszene erhalten. Verjährt sei die Forderung auch nicht. Denn erst nach der Versteigerung habe sich 2007 herausgestellt, dass es sich um eine Fälschung handle.Der Oberste Gerichtshof drehte das Urteil wieder um. Die Tochter des Künstlers habe die Auskunft ohne Eigennutzen gegeben. Es gebe keine Anhaltspunkte, wonach das Ansehen der Frau in einschlägigen Kreisen profitiere, wenn sie derartige Auskünfte gebe. Und selbst wenn, lasse sich daraus keine rechtliche Beziehung zum Kläger konstruieren. Bei einem bloßen Rat aus Gefälligkeit hafte man aber nur, wenn man vorsätzlich Falsches sage. Da ein etwaiges fahrlässiges Verhalten keine Rolle spiele, müsse man also nicht prüfen, ob die Frau das Gemälde genauer hätte untersuchen sollen (8Ob127/10z). Der Kunstkäufer bleibt somit auf seinem Schaden sitzen. Er wäre künftig gut beraten, wenn er für Sachverständige zahlt: Dann würden im Falle eines Irrtums strenge Haftungsregeln gelten.

Patrick Piccolruaz, Rechtsanwalt

 

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