In einer aktuellen Entscheidung hat der Gerichtshof klargestellt, dass besonders schwere Straftaten die Ausweisung von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten rechtfertigen können (C 348/09 – Rechtssache I. gegen Oberbürgermeisterin der Stadt Remscheid). Anlass war der Fall eines Italieners, der seit 1987 in Deutschland lebt und im Jahr 2006 wegen sexuellen Missbrauchs, sexueller Nötigung und Vergewaltigung eines zu Beginn der Taten acht Jahre alten Mädchens zu einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt worden war.
Nach Unionsrecht darf ein Staat einen EU-Bürger nur aus schwerwiegenden Gründen ausweisen lassen, wenn er mind. 5 Jahre ununterbrochen dort gewohnt hat. Hat er 10 Jahre im gleichen Land gelebt, dann müssen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit gegeben sein, um jemanden auszuweisen. Im konkreten Fall ging es um diese sexuelle Ausbeutung von Kindern und da machte der Gerichtshof klar, dass Straftaten in diesem Bereich auch nach 10-jährigem Aufenthalt die Ausschaffung begründet erscheinen lassen. Im Einzelfall müsse aber immer geprüft werden, ob solche „zwingenden Gründe“ der öffentlichen Sicherheit gegeben sind. Dabei spiele dann auch eine Rolle, ob der Betreffende immer noch eine Gefahr für die Gemeinschaft darstelle. Auch Alter, Gesundheitszustand, familiäre und wirtschaftliche Lage sowie soziale und kulturelle Integration des Betreffenden seien zu berücksichtigen.
Petra Piccolruaz, Rechtsanwältin, Bludenz