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28. Apr. 2014

EuGH: Irreführende Geschäftspraxis = berufliche Sorgfaltsverletzung

Wenn festgestellt worden ist, dass die Geschäftspraxis eines Unternehmers als „ irreführend“ eingestuft wird, dann braucht nicht zusätzlich geprüft werden, ob dies auch eine Verletzung der beruflichen Sorgfaltspflicht darstellt. Im Gegenteil, eine solche irreführende Praxis stellt automatisch eine Verletzung beruflicher Sorgfaltspflicht dar.

In seinen Entscheidungsgründen weist der EuGH - nach Darstellung seiner bisherigen Rsp - va darauf hin, dass die in Art 6 Abs 1 RL 2005/29/EG aufgeführten Tatbestandsmerkmale einer irreführenden Geschäftspraxis im Wesentlichen aus der Sicht des Verbrauchers als des Adressaten unlauterer Geschäftspraktiken konzipiert sind und im Wesentlichen der zweiten eine derartige Praxis charakterisierenden Voraussetzung entsprechen, wie sie in Art 5 Abs 2 Buchst b RL 2005/29/EG genannt ist. Keine Erwähnung finde in Art 6 Abs 1 RL 2005/29/EG hingegen die in Art 5 Abs 2 Buchst a RL 2005/29/EG enthaltene Voraussetzung, dass die Praxis den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt widerspricht; diese Voraussetzung ist - so der EuGH - der Sphäre des Unternehmers zuzurechnen.

Demnach sei in Anbetracht sowohl des Wortlauts als auch der Struktur der Art 5 und 6 Abs 1 RL 2005/29/EG sowie deren allgemeiner Systematik eine Geschäftspraxis als „irreführend“ iSd 6 Abs 1 RL 2005/29/EG anzusehen, wenn die dort aufgeführten Kriterien erfüllt sind, ohne dass zu prüfen wäre, ob auch die in Art 5 Abs 2 Buchst a RL 2005/29/EG aufgestellte Voraussetzung erfüllt ist, wonach diese Praxis den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt widerspricht.

Nur eine solche Auslegung ist nach Ansicht des EuGH geeignet, die praktische Wirksamkeit der spezielleren Regeln in den Art 6 bis 9 RL 2005/29/EG zu wahren. Stimmten nämlich die Voraussetzungen für ihre Anwendung mit den in Art 5 Abs 2 RL 2005/29/EG genannten überein, wären diese Artikel praktisch bedeutungslos, obwohl sie dazu dienen, den Verbraucher vor den am häufigsten anzutreffenden unlauteren Geschäftspraktiken zu schützen.

Für diese Auslegung spreche zudem das mit der RL über unlautere Geschäftspraktiken verfolgte Ziel, durch eine vollständige Harmonisierung der Regeln über unlautere Geschäftspraktiken, einschließlich der unlauteren Werbung von Unternehmen gegenüber Verbrauchern, ein hohes gemeinsames Verbraucherschutzniveau zu erreichen: Eine solche Auslegung sei nämlich geeignet, die effektive Anwendung von Art 6 Abs 1 RL 2005/29/EG in einem für die Interessen der Verbraucher günstigen Sinne zu erleichtern, an die sich ja eine falsche Information in Werbebroschüren eines Gewerbetreibenden richtet (EuGH 19. 9. 2013, C-435/11, CHS Tour Services).

Kategorien: Sonstiges

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