Zielt ein Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nicht auf die Erklärung der Unwirksamkeit des vom öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Vertrags ab, sondern auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, kann die Frist für die Beantragung einer Nachprüfung durch das nationale Recht geregelt werden, wobei die Mitgliedstaaten den Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes zu beachten haben. Eine solche
Ausschlussfrist muss nicht notwendigerweise länger sein als die absolute Ausschlussfrist für Anträge auf Unwirsamerklärung des beanstandeten Vertrages (gem Art 2f Abs 1 Buchstabe b Rechtsmittel-RL1 grds 6 Monate ab Vertragsschluss); viel wichtiger ist der jeweilige Anfangszeitpunkt solcher Fristen: Die effektive Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen setzt nämlich voraus, dass die Frist für die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens erst zu dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem ein Betroffener vom jeweiligen Vergaberechtsverstoß Kenntnis erlangt hat oder diesen Verstoß hätte kennen müssen, etwa durch eine Mitteilung gem Art 35 Abs 4 RL 2004/18/EG2 (Bekanntmachung mit den Ergebnissen des Vergabeverfahrens).
Auch wenn die allgemeine Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche nach innerstaatlichem Recht länger ist, steht der Grundsatz der Äquivalenz der Festlegung einer
kürzeren besonderen Ausschlussfrist für Nachprüfungsanträge, die auf die Geltendmachung von Schadenersatz wegen Vergaberechtsverstößen gerichtet sind, nicht entgegen. Es soll nämlich so
schnell wie möglich Rechtssicherheit geschaffen werden.
Schlussanträge der Generalanwältin 21. 5. 2015, C-166/14, MedEval; zu einem Vorabentscheidungsersuchen des VwGH