Eine Niederländische Gesellschaft zog nach Großbritannien und musste stille Reserven versteuern.
Die EU-Niederlassungsfreiheit für Unternehmen hat einen hohen Rang, ist aber nicht unantastbar: Der Gerichtshof der EU (EuGH) erlaubt einen Eingriff durch das Steuerrecht. In der Rechtssache National Grid Indus BV (C-371/10) hat er entschieden, dass eine Besteuerung nicht realisierter Gewinne von Unternehmen bei deren Wegzug in ein anderes EU-Land zulässig ist.
Anlass war eine niederländische Gesellschaft, die aus einer Pfund-Forderung gegen eine britische Gesellschaft einen nicht realisierten Kursgewinn verbucht hatte. Muss ein solcher versteuert werden, erleidet das Unternehmen zwar einen Liquiditätsnachteil. Das hält der EuGH aber für gerechtfertigt, weil so die unterschiedlichen Besteuerungsbefugnisse der Mitgliedstaaten gewährleistet bleiben. Allerdings muss dem wegziehenden Unternehmen die Möglichkeit geboten werden, die Zahlung der festgesetzten Steuer aufzuschieben, bis der Gewinn realisiert wird; der Staat darf dabei einen jährlichen Nachweis über die Nichtrealisierung verlangen.
Patrick Piccolruaz, Rechtsanwalt, Bludenz