Liegt ein Mangelschaden vor und ist die Verbesserung oder Ersatzvornahme faktisch möglich, so gebühren die Kosten der Mängelbeseitigung als Erfüllungsinteresse. Dazu zählen auch die Kosten für eine (wirtschaftlich sinnvolle) Ersatzvornahme.
Der Kläger ließ bei seinem neu errichteten Haus zur Beleuchtung des Stiegenhauses eine Glaskuppel (sogenanntes Lichtauge) errichten. Die Beklagte wurde mit der Durchführung sämtlicher Blecheindeckungen und Dachabdichtungen beauftragt. Nach Auftragserteilung schlug die Beklagte vor, dass das Lichtauge in Abweichung vom ursprünglichen Plan des Stahlbauers mit einer Blechabdeckung (Bleicheinfassung) überlappt werde. Nach Abschluss der Arbeiten kam es beim Lichtauge zu Wassereintritten. Die Ursache dafür bestand darin, dass die obere Blecheinfassung der Glasabdeckung des Lichtauges von der Beklagten nicht fachgerecht ausgeführt wurde. Ein regensicherer Anschluss der Blecheinfassung an die Stahlkonstruktion des Lichtauges ist auf Dauer nicht möglich. Zur Sanierung ließ der Kläger einen Überbau über das Lichtauge in Form eines Pultdaches errichten. Dafür zahlte er 15.612 EUR.
Der Kläger begehrte den Ersatz dieser Kosten.
Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung und führte aus:
In § 933a ABGB ist die Konkurrenz von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen ausdrücklich vorgesehen. Als sekundären Rechtsbehelf – also bei Unmöglichkeit oder Unverhältnismäßigkeit bzw bei Verweigerung oder Verzögerung der Verbesserung oder des Austauschs, oder aber bei erheblichen Unannehmlichkeiten oder Unzumutbarkeit für den Übernehmer – kann der Gewährleistungsberechtigte grundsätzlich Geldersatz (für den Mangelschaden) in Form des Erfüllungsinteresses verlangen. Danach ist er so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung stünde.
Das Erfüllungsinteresse besteht zunächst in den Kosten der Mängelbeseitigung. Als Geldersatz für den Mangelschaden gebühren daher – nach Wahl des Gewährleistungsberechtigten – die Verbesserungskosten, die Austauschkosten oder Ersatzvornahmekosten, der Ersatz der Wertdifferenz zwischen der mangelfreien und der mangelhaften Sache bzw Leistung oder der Wert der mangelfreien Sache gegen Rückstellung der mangelhaften Sache.
Nur dann, wenn die Verbesserung oder der Austausch bzw die Ersatzvornahme faktisch unmöglich sind, können die Mangelbehebungskosten nicht zugesprochen werden. „Faktisch unmöglich“ ist dabei nicht gleichbedeutend mit der Unbehebbarkeit des Mangels. Vielmehr ist zu fragen, ob ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch die fraglichen Kosten, die der Kläger ersetzt begehrt, aufwenden würde. In einem solchen Fall kann hinsichtlich des Ersatzes des Austauschinteresses (Ersatz der Mangelbeseitigungskosten) auch eine Erfüllungsersatzlage in Form einer gleichartigen wirtschaftlichen Leistung begehrt werden. Dies bedeutet, dass nicht der nach dem Vertrag geschuldete Zustand, sondern eine gleichartige wirtschaftliche Lage hergestellt wird. Demgegenüber kann bei faktischer Unmöglichkeit der Verbesserung oder des Austauschs bzw der Ersatzvornahme nur der Ersatz der Wertdifferenz zwischen der mangelfreien (einwandfreien) und der mangelhaften Sache im Sinn des objektiven Mangelschadens begehrt werden.
OGH | 8 Ob 9/17g
(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung)