Ein Bauherr darf unter Umständen auch Nachbargrundstücke vorübergehend benützen.
In allen österreichischen Bauordnungen (Bausachen fallen in die Zuständigkeit der Länder) ist eine sogenannte Duldungsverpflichtung eingearbeitet, wonach ein Bauführer Nachbargrundstücke vorübergehend benützen darf. Im Vorarlberg ist die ist dies im § 14 des Vlbg-Baugesetzes geregelt.
Darin wir festgelegt, dass der nachbarliche Grund zum Zwecke der Errichtung oder Änderung von Bauwerken, für Erhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten oder die Behebung von Baumängeln in Anspruch genommen werden kann. Die Arbeiten auf dem Nachbargrund dürfen nur im unbedingt notwendigen Ausmaß und unter möglichster Schonung der Interessen des Nachbars durchgeführt werden. Zudem muss der Nachbar mindestens 2 Wochen vor Beginn der Arbeiten verständigt werden und wenn er die Inanspruchnahme seines Grundstücks verweigert, so hat die Behörde auf Antrag über die Notwendigkeit und den Umfang der Inanspruchnahme des Nachbargrundstückes mittels Bescheides (so genannter Duldungsbescheid) zu entscheiden.
Überschreitet der Bauherr seine ihm so eingeräumten Befugnisse oder ist der Nachbar mit dem Duldungsbescheid nicht einverstanden, so hat er mehrere Möglichkeiten sich dagegen zu wehren. Einerseits kann er den Bescheid selbst bekämpfen. Er hat aber auch im Rahmen des Zivilrechts die Möglichkeit, unzulässige Immissionen auf sein Grundstück mithilfe der Gerichte abzuwehren. Was im Einzelfall die größeren Erfolgsaussichten hat, kann meist nur nach kritischem Studium der vorliegenden Bescheide und der örtlichen Situation beurteilt werden.
Einen solchen Streitfall hat der Verwaltungsgerichtshof mit einer Grundsatzentscheidung (12.12.1991, 91/06/0123) geklärt. In Tirol hatte sich ein Nachbar beschwert gefühlt, weil erlaubt worden war, dass der Ausleger eines Baukrans über seinem Grundstück geschwenkt werde. Er meinte, dass die Nutzung eines solchen Krans nicht unbedingt erforderlich sei, es gäbe andere Möglichkeiten. Die Diskussion war dann, ob und inwieweit dem Bauherren Mehrkosten zuzumuten sind, wenn er auf den Turmkran verzichten muss. Das Höchstgericht erachtete die Benützung des über dem Grundstück des Nachbarn gelegenen Luftraums für die Bewegung eines Turmkranes für zulässig. In der Begründung sprach das Gericht aus, dass wesentliche nachteilige Auswirkungen auf des Nachbarsgrund nicht zu erwarten seien und andererseits die Mehrkosten durch andere technische Verfahren (zum Transport von schweren Lasten) als unverhältnismäßig im Sinn der Tiroler Bauordnung anzusehen seien. Im Anlassfall ist eine solche Güterabwägung auch von der zuständigen Baubehörde in Vorarlberg anzustellen.
Natürlich ist es immer von Vorteil, wenn der Bauherr rechtzeitig vorab vom Nachbarn eine schriftliche Genehmigung einholt. Das kann Zeit und Kosten sparen.
Experte Immobilienrecht
Mag. Patrick Piccolruaz verfügt als erfahrener Rechtsanwalt und geschäftsführender Gesellschafter der P&M Immobilien GmbH sowie als geprüfter Immobilienmakler, Verwalter und Bauträger über die rechtlichen Spezialkenntnisse und kennt den Immobilien-Markt in Vorarlberg. Er ist in der Immobilienbrache bestens vernetzt mit anderen Experten wie Bausachverständige, Architekten, Baufirmen und Bauträgern.
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