Ein Arbeitsloser verunglückte nach Termin mit Geschäftspartner. Der Verletzte forderte die Anerkennung des Arbeitsunfalls, der OGH lässt den Mann abblitzen.

Wenn ein Arbeitsloser auf dem Weg zu oder von einem Vorstellungsgespräch verunglückt, dann kann ein Arbeitsunfall vorliegen. Doch was gilt, wenn es sich nicht um ein klassisches Vorstellungsgespräch handelt, sondern um ein Treffen mit einem potenziellen Geschäftspartner, weil sich ein Arbeitsloser selbstständig machen will? Diese Frage galt es nun erstmals für den Obersten Gerichtshof (OGH) zu beantworten.
Der Wiener war bereits zwei Jahre lang arbeitslos gewesen. Er habe deswegen geplant, sich selbstständig zu machen, wie er später vor Gericht erklären sollte. Er wollte eine Galerie mit Buffet eröffnen. In diesem Zusammenhang suchte er einen anderen Mann in dessen Wohnung auf. Nach einer etwa einstündigen Unterbrechung holte der Arbeitslose seine Ehegattin von ihrem Büro ab und wollte in weiterer Folge zu seiner eigenen Wohnung fahren. Auf dem Weg dorthin ereignete sich der folgenschwere Verkehrsunfall.
Der Verletzte forderte die Anerkennung des Arbeitsunfalls, weil er „über das AMS“ unfallversichert gewesen sei. Das Arbeits- und Sozialgericht wies die Klage gegen die Unfallversicherung ab. Das Oberlandesgericht Wien hob dieses Urteil auf. Es erklärte, dass auch ein Gespräch, das der künftigen Selbstständigkeit dient, vom Versicherungsschutz umfasst sein könne. Der OGH aber ließ den Mann endgültig abblitzen und betonte, dass keine Ungleichbehandlung vorliege. Es sei ein Unterschied, ob ein Arbeitsloser zu einem Vorstellungsgepräch gehe, zu dem er kommen müsse, um das Arbeitslosengeld nicht zu verlieren, – oder ob jemand Gespräche über seine Selbstständigkeit führte (10 ObS 25/11s).

Stefan Müller, Rechtsanwalt