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26. Feb. 2014

Banken: keine Aufklärungspflicht gegenüber qualifizierten Bevollmächtigten

Der Oberste Gerichtshof hat in einer jüngeren Entscheidung ausgesprochen, dass eine Bank keine weitergehenden Aufklärungspflichten habe, wenn mehrere Anleger durch einen Bevollmächtigten vertreten sind, der sich als einschlägiger Fachmann ausweist.

Zur Vertretungsmacht eines rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten enthält das WAG keine Regelungen, sodass insoweit auf die allgemeinen Bestimmungen des Vollmachtsrechts des ABGB zurückzugreifen ist. Dabei unterliegt es grundsätzlich keinem Zweifel, dass gegenüber dem Vertretenen bestehende Informations- und Aufklärungspflichten gegenüber dem Vertreter zu erfüllen sind, ist doch der Vertretene typischerweise am geschäftlichen Kontakt tatsächlich gar nicht beteiligt und bestellt er häufig einen Vertreter gerade zu dem Zweck, sich persönlich nicht engagieren zu müssen. Erklärt nun ein Bevollmächtigter namens der Vertretenen iZm einem Finanzgeschäft, er könne das für die Vertretenen bestehende Risiko als Fachmann selbst einschätzen und wolle das Geschäft für diese ungeachtet der Risikohinweise des Bankmitarbeiters abschließen, kann der Bank kein Fehlverhalten vorgeworfen werden, wenn sie von weiteren Erklärungen und Nachforschungen bei den Kunden selbst absieht. Das offengelegte Anlageziel ist dann eben im konkreten Fall die Vornahme eines spekulativen Geschäfts, auch wenn dieses dem Kunden nur eine geringe Chance auf einen (erheblichen) Vermögensvorteil bringt, der ein hohes Risiko eines (ebenfalls erheblichen) Verlusts gegenübersteht. Ebenso wie ein Kunde selbst nähere Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen und seinen (sonstigen) Anlagezielen verweigern und ein erkennbar gefährliches Geschäft auf eigenes Risiko abschließen kann, kann dies auch ein dazu bevollmächtigter Vertreter, ohne dass dem Vertragspartner vorgeworfen werden könnte, er habe seine Sorgfalts- und Aufklärungspflichten verletzt, insb jene nach § 13 WAG 1997.

OGH 18. 7. 2013, 1 Ob 83/13g

Entscheidung:

Eine weitergehende Verpflichtung der Bank wäre nach Ansicht des OGH auch praktisch kaum handhabbar und würde regelmäßig zu ganz erheblichen zeitlichen Verzögerungen führen, was gerade in diesem Geschäftsbereich häufig auch Vermögensnachteile der Kunden nach sich ziehen könnte (vgl auch 1 Ob 48/12h).

Im vorliegenden Fall hatte sich eine Mehrzahl von Investoren an einem gemeinschaftlichen Projekt beteiligt, das - so der OGH - notwendigerweise einheitlich abgewickelt werden muss; die Bestellung eines gemeinsamen Bevollmächtigten diene hier gerade auch dazu, geschäftliche Entscheidungen zu erleichtern und zu beschleunigen.

Für verschuldete Fehlentscheidungen des Bevollmächtigten habe regelmäßig dieser selbst gegenüber den Vertretenen einzustehen. Der Geschäftspartner der von einem Bevollmächtigten vertretenen Investoren könne sich regelmäßig damit begnügen, die erforderlichen Erklärungen und Informationen allein dem Bevollmächtigten gegenüber abzugeben, der selbst darüber zu entscheiden hat, ob er nach der Ausgestaltung des Innenverhältnisses verpflichtet ist, vor einer endgültigen Disposition mit den Vollmachtgebern Rücksprache zu halten bzw deren Entscheidung einzuholen.

Der OGH konnte sich auch nicht der Rechtsauffassung anschließen, dass es bei Einschaltung eines rechtsgeschäftlichen Vertreters beim Risikoverständnis zwar auf dessen Kenntnisse ankäme, dass bei der Frage der Risikobereitschaft, des Anlagezwecks und der Vermögensverhältnisse jedoch auf den Vertretenen abzustellen sei, wobei die Vollmacht zur Vornahme der Geschäfte nicht automatisch auch die Vollmacht zur Abgabe dieser Auskünfte umfasse.

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