Der Bund haftet für den Schaden eines Häftlings, der durch einen Mithäftling angegriffen wurde, wenn die erkennbare Gefährdung durch einfache Maßnahmen leicht verhindert hätte werden können.
Ein Häftling – der spätere Kläger – wurde von einem Mithäftling im Schlaf mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt. Der Täter wurde deshalb wegen versuchten Mordes verurteilt. Das Opfer begehrt vom Bund Schadenersatz, weil er von der Justizwache nicht ausreichend geschützt worden sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab.
Der Oberste Gerichtshof sprach dem Häftling Schadenersatz zu.
Der verletzte Häftling war bereits seit längerem wegen seiner Herkunft und Religionszugehörigkeit sowie dem Umstand, dass er die Haft für eine Ausbildung nutzte, von einem Zellengenossen „schikaniert“ worden. Es war auch bereits zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen. Er hatte daher schriftlich und mündlich um Verlegung in einen anderen Haftraum ersucht. Dem wurde jedoch nicht entsprochen. Einige Tage vor dem Messerangriff hatte der Täter bereits versucht, einen anderen Zellengenossen mit einem (Küchen-)Hammer zu attackieren. Darauf reagierten die Justizwachebeamten nicht, obwohl ihnen der Vorfall bekannt wurde.
Die Organe der Beklagten hätten den Kläger, gegen den sich die Aggression des Täters in besonderem Maße richtete, spätestens nach dem versuchten Angriff des Täters auf den anderen Mithäftling vor diesem schützen müssen. Das wäre ihnen leicht durch eine Verlegung eines der beiden Häftlinge möglich gewesen. Da sie dies unterließen, haftet der Bund für die Verletzung des Opfers durch den Mithäftling.
(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung - bisweilen mit Hervorhebungen bzw. Kürzungen durch uns)