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20. Okt. 2011

Vergaberechtsnovelle mit Mängel

Das Vergaberecht sollte eigentlich Transparenz bringen und eine faire Möglichkeit sich an Ausschreibungen zu beteiligen.

Das öffentliche Bild ist ein anderes. Die zahlreichen Skandale haben in der Öffentlichkeit breite Aufmerksamkeit gefunden. Aber auch die direkt Beteiligten haben eine schlechte Meinung vom österreichischen Vergabewesen, wie eine aktuelle Studie zeigt. So sind z.B. 60% der Auftragnehmer (AN) und ein Drittel der Auftraggeber der Meinung, dass Scheinausschreibungen Gang und Gebe sind. Ein beträchtlicher Prozentsatz von infrage kommenden Unternehmen wollen sich daher an Ausschreibungen gar nicht mehr beteiligen. Was nun die vorliegende Novelle betrifft, so ist zwar die Senkung des Schwellenwertes für Direktvergaben von 100.000 auf 40.000 Euro grundsätzlich zu begrüßen. Jedoch ist nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes in solchen Fällen eine vorherige Bekanntmachung erforderlich, wenn ein potenzielles Interesse an einer grenzüberschreitenden Auftragserbringung vorhanden ist. Das wird wohl meistens der Fall sein. So dass man von einer Erleichterung kaum sprechen kann.

Es wurde eine neue Art der Direktvergabe bis 100.000,00 Euro eingeführt. Jedoch ist in solchen Fällen eine „vorherige Machterkundung“ vorgeschrieben. Den damit verbundenen Bürokratieaufwand kann man sich leicht vorstellen. Er eröffnet zusätzliche Anfechtungsmöglichkeiten und ist daher kaum günstiger als die frühere Direktvergabe. Kritisiert wird auch, dass im Unterschwellenbereich künftig alles im Verhandlungsverfahren abgewickelt werden darf. Zu befürchten ist ein reines Preisverhandeln, so dass die Berücksichtigung sozialer, ökologischer oder ökonomischer Kriterien wohl nur Theorie ist. In der Realität wird alles auf den Billigstbieter anstelle des Bestbieters hinauslaufen.

Kurze Fristen
In diesem Punkt wird den Auftraggebern ein Ermessensspielraum eingeräumt, der Manipulationen Tür und Tor öffnet. Wird z.B. eine Angebotsfrist auf eine Woche oder gar kürzer festgelegt, dann wird wohl nur der ein taugliches Angebot erstellen können, der schon im Vorfeld „einschlägige“ Informationen bekommen hat. Unser Vergaberecht ist ein ewiges Flickwerk und es schaut nicht so aus, dass sich dies nun ändern wird. Man darf wohl gespannt sein, wann die nächste Novelle erfolgt.

Unverkennbar ist auch, dass Bestreben, die Vergabe an einen genehmen Anbieter doch noch ein Türchen offen zu lassen.

Dr. Stefan Müller

Kategorien: Sonstiges

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