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27. Jun. 2022

Testamentsfälschung, Erbunwürdigkeit und Rücktritt vom Versuch

Die Fälschung eines Testaments begründet zwar auch dann die Erbunwürdigkeit des Fälschers, wenn der Verstorbene keine letztwillige Verfügung hinterlassen hat. Sie wird aber durch den Rücktritt vom Versuch der strafbaren Handlung wieder beseitigt. Der Erfolg der strafbaren Handlung muss freiwillig abgewendet worden sein.

Nach dem Tod ihres ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorbenen Mannes fälschte die Witwe ein Testament, in dem sie als Universalerbin aufschien, und überreichte es dem Gerichtskommissär. Die Tochter des Verstorbenen, zu zwei Dritteln gesetzliche Erbin, wäre danach auf den Pflichtteil verwiesen gewesen. Noch während des Verlassenschaftsverfahrens erstattete die Witwe Selbstanzeige bei der Staatsanwaltschaft. Im nachfolgenden Verfahren über das Erbrecht wandte die Tochter die Erbunwürdigkeit der Witwe ein.

Die Vorinstanzen hielten die Witwe für erbunwürdig und stellten das Erbrecht der Tochter zum gesamten Nachlass fest.

Der Oberste Gerichtshof hob diese Entscheidungen zur Verfahrensergänzung auf. Zunächst gelangte er nach eingehender Überprüfung der Rechtslage zu dem Ergebnis, dass Erbunwürdigkeit wegen absichtlicher Vereitelung der Verwirklichung des wahren letzten Willens des Verstorbenen auch dann vorliegt, wenn der Verstorbene keine letztwillige Verfügung hinterlassen hat und durch die Handlung des Erben die gesetzliche Erbfolge beeinträchtigt wird oder werden soll, etwa durch Fälschung oder Unterschiebung eines Testaments. Allerdings steht ein strafbefreiender Rücktritt von einer versuchten strafbaren Handlung (im Anlassfall: des versuchten schweren Betrugs), die die absichtliche Vereitelung der Verwirklichung des wahren letzten Willens zum Ziel hat, der Annahme von Erbunwürdigkeit entgegen. Das erfordert, dass der Erfolg der strafbaren Handlung freiwillig abgewendet wurde. Bei Vorliegen dieser Voraussetzung, die noch geklärt werden muss, wäre die Erbunwürdigkeit der Witwe weggefallen.

OGH | 2 Ob 174/20g

(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung Hervorhebungen bisweilen von uns)

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