Nach § 107a Abs 1 und 2 Z 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe zu bestrafen, wer eine Person widerrechtlich beharrlich verfolgt, indem er in einer Weise, die geeignet ist, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, eine längere Zeit hindurch fortgesetzt ihre räumliche Nähe aufsucht.
Da es sich bei den Tathandlungen auch um an sich sozialadäquate Verhaltensweisen handeln kann, stellt der Begriff „widerrechtlich“ - wie beim Tatbestand der Freiheitsentziehung nach § 99 StGB - einen Hinweis auf häufiger als sonst in Betracht zu ziehende Rechtfertigungsgründe dar, ohne ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal zu begründen (vgl ErläutRV 1316 BlgNR 22. GP 4).
Unter „Aufsuchen der räumlichen Nähe“ wiederum ist jede vom Willen des Täters getragene unmittelbare physische und für das Opfer wahrnehmbare Kontaktaufnahme mit diesem zu verstehen (insbesondere durch Auflauern, Vor-dem-Haus-Stehen und sonstige häufige Anwesenheit etwa in der Nähe seiner Wohn- oder Arbeitsstätte; vgl ErläutRV 1316 BlgNR 22. GP 5). Ob sich der Täter an der Tatörtlichkeit rechtens oder gesetzwidrig aufhält, ist für die Verwirklichung des Tatbestands nicht maßgeblich.
Demnach steht der Umstand, dass sich jemand bei der physischen Kontaktaufnahme auf seiner eigenen Liegenschaft befindet, dem Tatbildmerkmal des widerrechtlichen Aufsuchens der räumlichen Nähe einer Person a priori nicht entgegen, stellt er doch für sich betrachtet keinen Rechtfertigungsgrund dar.
OGH 20. 1. 2015, 14 Os 139/14v